01. – 02.12.2020 – Erster Schnee, erster Dezember, erster Adventstag
Der Wetterbericht sagte Schnee voraus. Ich glaubte ihm und war daher wenig überrascht, als am Morgen auf der Terrasse der erste Schnee lag. Als die Müllabfuhr heute kam, schaute ich hinaus und meinte: „Normalerweise treffen wir uns.“ MonAmour: „Meinst des is a gute Idee mit der Arbeit?“ Ich: „Edz glei ned.“ Mir war schon klar, dass erst mal nichts wird, sondern erst einmal Schneeschippen angesagt ist. Zwei Stunden waren mit Gehweg und rund ums Haus beschäftigt. Gegen 8:30 Uhr maßen wir 7,5 cm Schnee. Manche Schulkinder, die vorbei kamen, bedauerten, dass sie jetzt leider zur Schule gehen müssten, wo sie doch viel lieber im Schnee toben würden.
Manch Laster, der die Straße zum Baugebiet hochfuhr, musste auf der Hälfte des Wegs aufgeben. Nachdem die Arbeiter dreimal angesetzt hatten, Straße rauf, rückwärts runter, rauf, rückwärts runter, stellten sie das Fahrzeug kurzerhand vor Nachbarsgrundstück ab.
Nach diesem Fitnessprogramm am Morgen fuhr ich dann in die Schreibstube. Die Straßen waren frei, gut gesalzen und es war wenig Verkehr unterwegs. Ich war nur 30 Minuten unterwegs. Im geheimen lobte ich mich für die Idee erst um 10 Uhr in die Arbeit zu gehen.
Irgendwann im Laufe des Tages sah ich aus dem Fenster der Schreibstube. Unten hatte jemand einen Schneemann gebaut.
Wir brauchen jetzt einen trifftigen Grund
Während des Tages eine Mail. Die Stadt Nürnberg hat ihre Beschlüsse bekannt gegeben. Wir dürfen unser Zuhause nur noch aus trifftigen Grund verlassen. Trifftige Gründe sind, zur Arbeit fahren, Einkaufen, Weihnachtsgeschenke dürfen auch gekauft werden, aber ausgedehnte Shoppingtouren sind nicht erlaubt, Sozialkontakte sind einzuschränken. Kinderinselbesuche sind weiterhin erlaubt. Okay, denke ich, eigentlich hat sich jetzt nicht wirklich was geändert. Oder doch? Also nicht für mich. Einkaufen, Arbeit fahren, daheim bleiben. Weiterhin Maske tragen, AHA-Regel beachten.
Das wichtige Gespräch am Vortag beschäftigte mich sehr. Ich beschloss, dass ich kollegialen Rat brauchte. Ich hatte ein wunderbares Gespräch mit der Waldfrau zum Feierabend. Mir wurde manches ein wenig klarer.
Der nächste Tag
Trotzdem keine leichte Nacht gehabt. Irgendwann aufgewacht und Gedanken gewälzt. Ich muss eine Entscheidung fällen. Am Vormittag Bescheid sagen. Ich bin unentschieden. Weiß nicht, ob ja oder nein. Rufe zur vereinbarten Zeit an. Erzähle, wie es mir geht. Welche Emotionen das Gespräch in mir ausgelöst hat. Wir reden. Wir vereinbaren ein weiteres Gespräch miteinander. Dann erst werden wir entscheiden, da können wir noch vieles klären, auch meine Zweifel. Ich bin beruhigter nach diesem Gespräch. Grinse schon fast. Maile dann meinem professionellen Rat. Bitte ihn mit mir morgen das Gespräch vorzubereiten.
Danach telefoniere ich noch mit einer Kinderinsel. Seit Montag dürften sie wieder zurück aus der Quarantäne sein. Ich hatte mir vorgenommen sie erstmal ankommen zu lassen und auch nicht gleich am zweiten Tag meine Terminwünsche anzumelden. Wir reden ein wenig. Es ist nach wie vor anstrengend. Die Führungskraft erzählt, sie hat ein wenig was verändert. Sie freut sich auf mich, meine Ideen, auf den Termin. Ich freu mich auch ein wenig. Trotz der Sorge, die ich habe.
Der restliche Vormittag bestand aus sehr trockener Arbeit. Der Sachbericht möchte geschrieben werden. Ja, im Verdrängen bin ich auch so richtig gut. Wie oft saß ich schon vor diesem seltsamen Formular. Bereits gestern fragte ich mich schon, was bitte schön, wollen die Menschen da von mir wissen. Die Ankreuzfragen sind nun nicht das Problem. Da gibt es nur ein „Trifft zu“ oder „Trifft nicht zu“. Manchmal muss man, dann das „Trifft nicht zu“ erklären. Doch die Fragen davor, irgendwie habe ich das Gefühl, ich schreibe manches doppelt und dreifach hin. Welche Maßnahmen wurden erreicht, lese ich, dann, welche Maßnahmen wurden durchgeführt, welche Maßnahmen führten zum Ziel, welche Maßnahmen wurden nicht erreicht. Begründen Sie. Wurden die Inhalte aus dem Projektantrag erfüllt? Lautet eine der Fragen. Ich hab dann halt mal was aufgeschrieben. Zu jedem Punkt. Und brav die Kreuzchen gesetzt.
Mittagspause
Seit fünfeinhalb Jahren schon begeistert es mich, dass die Frauenkirche uns die Mittagspause einläutet. Als wir noch alle in der Schreibstube zugegen waren, fing dann auch das Männleinlaufen aus den Büroräumen an. Wir hatten oft sehr unterhaltsame Mittagspausen. Heute waren wir zu Dritt und es gab Ente vom Thailänder. Auch so eine kleine Tradition. Eigentlich eine Freitagstradition. Wir saßen natürlich im gebührenden Abstand voneinander entfernt. Hatten eine schöne Zeit miteinander. Ja, auch dieses werde ich vermissen.
Danach saß ich nochmal am Sachbericht. Das Denken fiel mir zunehmend schwerer und so beschloss ich Feierabend zu machen. Aus trifftigen Grund hielt ich unterwegs bei einem Einkaufstempel. Das Brot. Das spezielle, welches es nur beim Metzger gibt. Inzwischen kennt man mich, weiß was ich haben möchte. Heute erfuhr ich, dass es noch eine Kundin gibt, die dieses Brot kauft. Sie war wohl gestern da und hat welches mitgenommen. Denn der Kollege, ging und holte das Brot, weil er weiß, wo er es findet. Wir befanden, wenn er weiß, wo es ist, darf er auch das Brot holen. Derweil wurde ich nett unterhalten. Ich nahm dann auch noch was aus der Fleischtheke mit. Fürs Abendessen. Wenn ich schon mal da bin.
Müde und Dankbarkeit
Der Trick funktioniert fast immer. Erst Brot bestellen, dann warten, derweil schweift der Blick so über die Auslage und schwupp spricht ein Gedanke, guck mal, hatten wir schon länger nicht. Schlauer Mensch, der das so eingerichtet hat. Nachdem ich die Ware erhalten habe, beschließe ich, dass ich mich lange genug in dem Laden aufgehalten habe und gehe zur Kasse. Eigentlich wollte ich noch Backwaren für die Adventsbäckerei einkaufen. Da der sorgfältig geschriebene Zettel im Auto liegt und ich keine Lust habe mir zwischen den Regalen den Kopf zu zermartern was da drauf stand, verschiebe ich dieses auf morgen. Mal wieder. Ich bin froh zuhause anzukommen. Ich bin müde. Ich merke die schlaflosen Stunden. Feierabend. Dankbar, für zwei wunderbare Tage, den Schnee, die guten Gespräche.