01.09.2022 – Jetzt also September
Nur für kurze Zeit
MonAmour hatte ganz spontan einen Termin auf der Zulassung ausgemacht. Heute Morgen also einen Spaziergang zur Behörde. Wir haben das große Glück eines kleinen Amtes in unserem Dorf zu haben.
An der Tür begrüßt uns ein Security-Mann. Er lässt nur Menschen ein, die einen Termin haben. Den Hinweis, dass nur MonAmour in die Amtsstube darf nehmen wir wohlwollend zur Kenntnis. Das haben wir schon immer so gemacht, wenn ich ihn denn begleitet habe.
Der Sicherheitsmann an der Tür ist auch gleichzeitig FAQ-Mann.
„Ich möchte einen Reisepass für meine Kinder beantragen?“, wird er gefragt.
Er: „Haben Sie einen Termin?“
Sie: „Nein. Ich möchte eigentlich so einen Zettel ausfüllen.“ – „Dann kommen Sie mal mit“, sagte er und reicht der Dame mit den zwei Kindern einen Zettel und führt sie zum Stehpult.
„Wir möchten gerne… „, erklärt ein älteres Ehepaar. – „1. Stock Zimmer ….“, die Antwort.
Besucher: „Muss man bei Ihnen Maske tragen?“ – Sicherheitsmann: „Leider nein.“
Nächste Besucherin: „Brauchen wir eine Maske?“ – Sicherheitsmann: „Das wäre schön.“
Hat in beiden Fällen leider nichts bewirkt.
Weiterer Besucher: „Wo kann ich denn…?
Er: „Da Vorne die Treppe runter, linke Seite“
Ausgeflogen
MonAmour hat alles erledigt. Wir wählen den Heimweg an Sportplatz und Schule vorbei. MonAmour weiß anscheinend genau warum es mich Richtung Wiesengrund zieht. Statt auf der rechten Seite laufen wir an der linken Seite entlang. Doch bereits am Ende der Brücke können wir sehen, dass die Wiese leer und die Storchenkolonie, die in den letzten Tagen die Wiese bevölkerte, weitergezogen ist. Wir wechseln ebenfalls die Straße und wandern heimwärts.
Die Welt braucht Zeit
Ein Interessentin für angebotene Ware meldete sich. Innerhalb einer Stunden hatten wir den Kauf perfekt, das Paket geschnürt. In unmittelbarer Laufnähe hat es inzwischen und seit neuestem im „Zeitungslädle“ auch eine Paketannahmestelle. Und haste nicht gesehen, schon war ich mit dem Paket dort. An das letzte Mal kann im mich schon gar nicht mehr erinnern. Zwischenzeitlich steht auch ein anderer Mitarbeiter hinter der Theke. Gut abgeschottet hinter Plexiglas. Ich war wirklich schon länger nicht mehr da.
Zufällig ist ja heute Donnerstag. Donnerstag ist „Zeit“-Tag. Vor gut 30 Jahren las ich regelmäßig „Die Zeit“ und kaufte diese immer Donnerstags im Zeitungslädle. Ja, so lange gibt es dieses Lädchen schon. Da ich zufällig schon mal da war, nahm ich aus einem Impuls heraus auch gleich „Die Zeit“ mit. Legte diese unter der Plexiglasscheibe durch. Der Verkäufer „Ach, die Welt – Quatsch „die Zeit“. Ich: „Naja, ob Welt oder Zeit“. Die Dame, die mit mir im Raum war, dann „Die Welt braucht Zeit“. „Ja“, sagten wir „viel Zeit“. Wir hätten jetzt noch eine Weile philosophierend dem Gedanken nachgehen können. Beließen es jedoch dabei. Dafür widmete er sich lieber meinen kleinen Paket und gab mir den Einlieferungsbeleg.
Ich zog zum nächsten Laden, der seit heute wieder aus dem Betriebsurlaub zurück ist, und folgte spontan, ich war bereits daran vorbeigezogen, einem weiteren Impuls und kaufte neben Salat auch die Zutaten für den Salat ein. Auch den Gemüseladen gibt es schon seit über 30 Jahren. Eigentlich solange, wie diese Ladenzeile besteht*. Inzwischen zwar mit neuer Inhaberin und neuer Besatzung, ist aber immer noch ein Gemüseladen, der frisches Gemüse aus dem Knoblauchsland aus eigenem Anbau verkauft. Das „frische“ Obst kommt überwiegend aus Deutschland und damit aus der Region, es hat aber eben auch Obst, welches aus weit her kommt.
*Die Ladenzeile ist mit dem Wohnhaus in meiner Jugend entstanden und dürfte zwischen 35 und 44 Jahre alt sein. So ganz genau, weiß ich es nicht mehr.
Neues von der Post
Letztens fragte der Landschaftsgärtner bei uns nach, ob wir eigentlich noch Post bekommen. Nun ja, sporadisch, lautete unsere Antwort darauf. Ich verfolgte die Unterhaltung nicht weiter, da ich einen Termin hatte.
Dafür durfte ich letztens Zeugin seltsamer Logistik werden. Inzwischen kommen die Postangestellten getarnt in einem Servicemobil einer Meister-Werkstatt vorgefahren. Anhand ihrer Uniformen erkennt man jedoch noch, dass es sich um Postangestellte handelt. Wobei die Frage „Sind die Echt?“ damit durchaus berechtigt ist. Da der Schreibtisch noch so steht, dass ich zum Fenster rausschauen kann beim Denken, sah ich der Logistik verwundert zu.
Das getarnte Postauto hielt gegenüber. Die Frau steigt mit vielen Briefen in der Hand aus. Sie bewegt sich zu meinem Briefkasten. Ich bewege mich daraufhin auch zum Briefkasten, um den Brief zu holen, nicht dass der wieder verschwindet. Lese den Empfänger und stelle fest, der Brief gehört weder mir noch in diese Straße. Ich gehe also zum getarnten Postmobil und warte geduldig bis die Postfrau, die Briefe in die Briefkästen der beiden Häuser verteilt hat. Ich gebe ihr also den Brief wieder zurück mit den Worten: „Bitte entschuldigen Sie, aber der Brief gehört mir nicht. Das ist auch eine ganz andere Adresse“. Immerhin die Nummer stimmte schon mal. Das sagte ich aber nicht dazu. Sie: „Ach der Kollege, hat das wohl falsch eingeworfen, der kommt sicherlich gleich, der ist noch unten. Vielleicht hat er ja Post für Sie dabei. Ich hab hier nichts für Sie“.
Während ich verwundert zurück ins Haus ging, fragte ich mich, welchen Kollegen sie meinte. Ich hatte nur sie gesehen. Nach einer Weile kam tatsächlich ein Postmann die Straße lang. Scheinbar hatte sie diesen zuvor ausgesetzt, damit dieser die Briefkästen der Häuser unterhalb unserer Straße füttert. Sie hat ihn dann auch gleich angeblafft, was ich ziemlich interessant fand, da ja eigentlich sie den Brief in meinen Briefkasten befördert hatte. Jedenfalls stiegen beide wieder ins Fahrzeug ein. Um exakt zwei Meter weiter vor dem Haus, deren Briefkästen sie eben noch mit Briefen gefüttert hatte, nun mit Paketen zu beglücken.
Nachdem dies geschehen war, fuhren sie die Straße weiter hinauf.
Später als MonAmour und ich auf der Terrasse saßen, um den Nachmittagssnack einzunehmen, kam das getarnte Mobil wieder vorbei. Hielt ein weiteres Mal an, um ein weiteres Paket abzuliefern. Fuhr wieder die Straße hoch, dann wieder runter, um zwei Sekunden später die gesamte Strecke nach oben im Rückwärtsgang zurückzulegen.
„Vielleicht“, sagte ich, „sollten sie mal eine Schulung zum Thema „Logistik“ und „effektive Post- und Paketverteilung“ machen“. MonAmour, dessen Großvater bei der Post Briefzusteller war, konnte nur den Kopf schütteln.
Es war einer der Momente, wo wir uns unendlich alt vorkamen, weil wir uns die guten alten Postzusteller zurück wünschten. Die, die mit dem Fahrrad kamen, die ihre Zustellbereiche kannten und die Menschen hinter den Briefkästen. Die, die Kindern auf Rollschuhen erlaubten sich an ihrem Gepäckträger festzuhalten und sie so ein Stück des Wegs mit zogen. Die, die auch noch Zeit für einen kleinen Plausch hatten und jeden Hund im Viertel kannten.
So bleiben wir „alten Leute“ ein wenig in der Erinnerung verhaftet, um dann wieder unserem Tagwerk nachzugehen.