21.10.2020 – Herbstlich bunt und naturtrüb
Besprechung I
„Die waren ja immer so lost“, wird in der Besprechung gesagt. Ach ja, verloren fühle ich mich auch, irgendwie.
In der Besprechung beobachte ich zwei Menschen, wie sie die Kollegin bei ihrem Problem beraten. Ich höre zu, lerne, schreibe mit. Kennen Sie das, wenn jemand aus ihrem inneren Team, der sonst immer sehr leise und zögerlich war, plötzlich ganz klar und mit fester Stimme formulier: „Das ist es. Das will ich machen“. Der Finanzminister ist erstaunlich still, den ganzen Tag über. Kein Veto, kein „Geht nicht, weil….“ Sondern eher, ein „mhm, da müssen wir mal gucken, wie wir das hinbekommen“. Der hatte überhaupt Spendierhosen an. So gönnte er mir einen Capuccino auf dem Weg zur zweiten Besprechung, überlegte im Gartenmarkt mit, ob die heißersehnte Gartenbank, die gerade im Angebot ist, machbar und vertretbar ist, so als Weihnachtsgeschenk betrachtet. Sonst ist er da sehr rigoros und legt bei vielen Dingen sein Veto ein. Vertagt Entscheidungen dann so lange, bis sie sich von selbst erledigen oder von allen getragen werden. Mein inneres Team, macht mir das Leben nicht immer einfach.
Besprechung II
Es geht mal wieder in die wunderschöne Wagnerstadt. Zwischen den zwei Besprechungen habe ich genug Zeit, um erstens einen Abstecher in ein Gartencenter zu machen und zweitens statt Autobahn die Landstraße zu nutzen. Ich habe sogar soviel Zeit, dass ich noch einen Capucciono im Auto trinken kann.
Natürlich ist Corona eines unserer Themen. Ich kläre darüber auf, dass für Kindertageseinrichtungen und Schulen erst einmal Stufe 2 gilt, bis von Amtswegen andere Mitteilungen kommen. Die Sorge hier ist nicht, dass man sich anstecken könnte, sondern eher, dass es wieder zu einer Schließung von Schule und Kindertageseinrichtungen kommen könnte. „Das wäre die Vollkatastrophe“, sagt jemand. „Das Homeschooling brachte die ganze Familie an den Rand eines Nervenzusammenbruchs“, jemand anderes. „Oh“, denke ich. Ich wage den Vorschlag zu machen, dass der nächste Termin, sollte er denn aufgrund der #aktuellensituation nicht als persönliches Treffen stattfinden können, auch per ZOOM stattfinden kann. Uff! Die Reaktionen verblüffen mich sehr. Vehementes „Nein, das geht ja gar nicht“ schlägt mir entgegen. Uff!
Die Begründung, die dann kommt, hinterlässt in mir ganz viele Fragezeichen. Immerhin gehörte der Mann zu den sogenannten Reformpädagogen. Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass er seinen Ansatz nicht verantwortungsbewusst weiterentwickelt und an die derzeitigen Gegebenheiten angepasst hätte. Leider fällt mir genau in dieser Situation, dies nicht ein.
Ich mache wieder einmal die Erfahrung, dass die Digitalisierung in diesem Bereich noch immer ein seltsames Ding ist. Während eifrig Messengerdienste und andere soziale Medien, privat wie beruflich, genutzt werden, das Smartphone, immer griffbereit und beim jedem Zucken und Töne von sich geben, in die Hand genommen wird, scheint die Idee digitaler Treffen per Video eine abwegige. Ruft oft massiven Widerstand und regelmäßig entsetztes Aufschreien hervor. Mein Hirn bringt das nicht zusammen.
Der Heimweg ist lang
Wiedereinmal verpasse ich den Abzweig auf der Landstraße und muss darf den langen, wenn auch schönen, Weg fahren. Im Radio höre ich, dass unser Ministerpräsident eine neue Ampel erfunden hat. Diese hat jetzt vier Farben. Nun gibt es auch dunkelrot. Ich frage mich, ob die Gesetzhüter dies auch so sehen, wenn ich ihnen mitteilen würde, dass die Ampel ja noch gar nicht dunkelrot gezeigt hat. Wie sie das wohl finden werden?
Schön war das miteinander Lachen, das voneinander Lernen, ein Glas Rotwein am Abend.