22 – 25.08.2022 – Eigentlich wollte ich nur Hallo sagen
Als ich diese Zeilen schrieb, hatten wir den 25.08.2022. Die letzte Zeile schrieb ich am 28.08.2022. Veröffentlicht am 30.08.2022
Vom Montag bis Donnerstag war ich im Landkreis Bayreuth. Ich besichtigte die Eremitage, das markgräfliche Opernhaus, spazierte durch den Wildpark in Mehlmeisel und durch das Felsenlabyrinth bei Wunsiedel. Ich hatte ein paar schöne erholsame Tage.
Ganz nebenbei habe ich die Tage bei einem Teil meiner Familie verbracht. Und war positiv überrascht. Denn wir waren sehr vorsichtig miteinander. Ich hatte also eine kostenfreie Unterkunft mit Reiseleitung und Familienannährungsanschluss. (Deutsch ist echt super, man kann einfach durch Aneinanderreihung von Wörtern neue Hauptwörter entstehen lassen ;-)) Zwischenzeitlich hatte ich schon einen Blogbeitrag verfasst, den ich aber doch lieber erstmal nur für mich behalte.
Montag, 22.08.2022 – Ankunft
Nachdem das Auto mit den Kisten für meinen Vater plus meinen Habseligkeiten gepackt war, setzte ich mich mit gemischten Gefühlen ins Auto und fuhr los. Kleiner Zwischenstopp beim Schuhfachgeschäft. Alle meine Schuhe, die zum spazierengehen in unwegsamen Gelände geeignet waren, haben abgelaufene bzw. sich auflösende Sohlen. Da mein Vater ein Haus am Hang besitzt, das an einem Waldrand steht an dem ein Wanderweg vorbeiführt, waren die festen Schuhe keine so schlechte Idee.
Die Fahrt auf der Autobahn war fast ohne Zwischenfälle. An der großen Brücke bei Schnaittach staute es sich kurz, wegen Aufräumarbeiten. Die Fahrt von Bayreuth Richtung Fichtelberg ohne weitere Zwischenfälle.
Kurz vor der Ankunft am Haus, parken auf einem öffentlichen Parkplatz, sammeln. Mein Vater und ich haben ein gespaltenes Verhältnis zueinander. Vor 35 Jahren verließ er Deutschland und mit Deutschland auch die Familie, auf eine unschöne Art und völlig überraschend für alle Beteiligten. Insgesamt fehlen uns 35 Jahre, wenn auch mit drei-, viermaligen Unterbrechungen, die entweder er hier in Deutschland oder ich bei ihm und seiner Frau als Urlaub verbrachte.
Nachdem ich mich ein wenig gesammelt hatte, die Gefühle noch immer gemischt, legte ich die letzten Kilometer zurück. Parken, klingeln, großes Hallo. Selbst die Katze, die sonst keine Fremden mag, begrüßte mich.
Im unteren Stockwerk ist eine perfekt eingerichtete Ferienwohnung, durch die ich erst einmal eine Führung bekam. Als Gast in diesem Haus, bekam ich das große Schlafzimmer und hätte mich die ganzen Tage selbst versorgen können, ohne auch nur einmal jemanden zu Gesicht zu bekommen. Ein wunderbarer Rückzugsort.
Zur Begrüßung dann auch erst einmal Kaffee und Kuchen. Da ich ja die Kisten im Auto hatte und der Weg sehr weit, durfte ich mein Auto über den Privatweg vor’s Haus stellen. Großes Ausladen.
Dann erstmal Rückzug meinerseits. Einrichten, ankommen, ein wenig gucken. Ich hatte zwar das Haus schon mal gesehen, kurz nachdem sie eingezogen waren. Aber seitdem war ich nicht mehr da. Sie wohnen jetzt seit 6 Jahren dort und wir hatten nur noch zu den Geburtstagen Kontakt. Unser letzter längerer Kontakt, war als wir beide beim Notar saßen und ich den Kaufvertrag meines Elternhauses unterschrieb. (Andere Geschichte, auch mit sehr unschönen Akten, gehört hier nicht hin.)
Beim Abendessen dann die Frage, ob ich was bestimmtes hier in der Gegend sehen möchte. Soweit hatte ich persönlich gar nicht gedacht. Mein ursprünglicher Plan war ja, zwei Nächte übernachten, dann weiter nach Burglengenfeld und in der Nähe die Holzkugel besichtigen und zwei schöne Tage dort zu verbringen. Mit Verwandschaftsbesuch. Es scheiterte allein an den Übernachtungsmöglichkeiten. Ferienzeit. Es war alles ausgebucht. Das werde ich dann wohl ein anderes Mal machen. Ich schreibe es hier auf, damit ich es nicht vergesse.
Er machte ein paar Vorschläge und als Reiseleiter stellte er daraus ein kleines hübsches Programm zusammen.
Dienstag, 23.08.2022 – Eremitage und markgräfliches Opernhaus – Wilhelminen-Tag
Das schöne an diesem Programm war, dass es in aller Ruhe und Entspanntheit stattfand. Kein frühes Aufstehen und Hetzen, sondern erst gemütlich Frühstücken. Allerdings bin ich diese Menge nicht gewohnt. Obstsalat, Ei, Brot, Wurst, Joghurt – auf Wunsch auch Marmelade oder Käse. Ich, die frühmorgens nur Kaffee trinkt, war plötzlich mit einem üppigen Frühstück konfrontiert und wurde nach meinen Wünschen gefragt.
Danach ging es über kleine Landstraßen mit schönen Aussichten bis weit nach Bayreuth zur Eremitage. Vom Parkplatz aus flanierten wir am Wasser entlang Richtung Orangerie und Wasserspiele, die dort stündlich stattfinden.
Das Schloss selbst konnten wir nur von Außen besichtigen, da zurzeit keine Führungen stattfinden. Auch die Gastronomie hatte an diesem Tag geschlossen.
Die Parkanlage lädt zum Spazieren und Verweilen ein, so dass wir dort ein paar Stunden verbrachten, ehe wir weiter fuhren um in Bayreuth das markgräfliche Opernhaus zu besichtigen, welches ebenfalls von der Markgräfin Wilhelmine entworfen wurde.
Die Markgräfin war eine sehr rührige Dame. Sie entwarf nicht nur die heutige Parkanlage, sondern hatte auch etwas für Upcycling übrig. Im Schloss gibt es ein „japanisches Zimmer“ dieses entstand unter anderem aus Tafeln, die ursprünglich als Paravant Dienst taten. Da diese natürlich nicht für die ganzen Wände reichten, wurden Künstler beauftragt, die in diesem Stil die Malereien ergänzten.
Nebenbei schrieb sie Theaterstücke nur für Frauen, Voltaire, den sie darum bat, weigerte sich, komponierte, spielte selbst in den Stücken mit, führte Regie.
Leider wurde im Opernhaus gerade die Bühne überholt, dies findet wohl einmal im Jahr statt. Warum man dies ausgerechnet in der Ferienzeit macht, keine Ahnung. Jedenfalls blieb mir das Interessanteste verborgen. Die damalige Bühnentechnik von ihr erdacht, war einmalig. Ich durfte mir dieses Schauspiel dann am nächsten Tag per Video anschauen. Die Doku hat der Reiseleiter extra für Gäste heruntergeladen, um ihnen Wilhelmines Welt näher zu bringen.
Nachdem der Vortrag im Opernhaus beendet war, dürfen die Führungsgäste noch den Saal fotografieren. Ich überließ es den andächtigen Menschen und ihren Smartphones jeden Winkel des Saals zu fotografieren, und ließ die Kamera in der Tasche.
Mein erster Tag klang mit Kaffee und Kuchen und später mit Abendessen aus.
Abends durfte ich dann noch Zeugin wundersamer Handlungen werden. Mit Verwunderung betrachtete ich die Verwandlung meines Vaters zum Katzenliebhaber. Hätten mir das jemand erzählt, ich hätte es nicht geglaubt. 35 Jahre sind halt doch eine lange Zeit.
Mittwoch, 24.08.2022 – Wildpark Mehlmeisel und Felsenlabyrinth in Wunsiedel
Die Nacht schlief ich besser. Der Tag begann wieder mit einem opulenten Frühstück. Diesmal ließ ich den Obstsalat aus. Den wollte ich eigentlich später zum Kaffee statt dem Kuchen essen. Dafür gab es neben Wurst auch Lachs. Das hatte ich schon ewig nicht mehr. Noch nicht mal am 1. Januar. Danach aufräumen und bereit machen für den Wanderausflug.
Der erste Weg führte uns im Auto den Berg hinauf zum Wildpark. Der Wildpark beherbergt Schwarzwild, Rotwild, Füchse, Waschbären, Dachse, Schneehasen, Wildschweine und Luchse. Die Wildkatzen besuchen gerade den Zoo.
Unter dem Rotwild gab es auch weiße Hirsche zu sehen.
Ich gehe durch diese Wildparks immer mit sehr gemischten Gefühlen. Auf der einen Seite ist es für manche Menschen bereichernd, wenn sie unsere heimischen Tiere in einem Gehege bestaunen können und über Tafeln ein wenig über ihre Lebensweise erfahren. Auf der anderen Seite sind es eben immer Tiere in Gefangenschaft. Egal wie artgerecht das Gehege auch ist. Und natürlich gibt es an der Kasse auch reichlich Tierfutter für die Tiere des Parks zu kaufen, welches man dann in die dafür vorgesehenen Röhren rieseln lässt. Irgendein Tier nimmt das Futter immer dankbar an.
Damit wir auch alle Tiere sehen, ist der Weg, ähnlich wie bei Ikea gehalten, man geht zum Eingang rein und folgt einfach dem Pfad, bis man dann beim Streichelzoo und damit wieder am Ausgang landet.
Da die Menschen sich bei den Hirschen drängelten ging ich schon mal zu den Luchsen. Einer der Luchse, der für die Wildkatzen im Tausch da war, war etwas unruhig und lief immer wieder am Zaun entlang. Wir Menschen waren über ihm und konnten ihn von oben beobachten. Später erklärte sich seine Unruhe, denn es war scheinbar Essenszeit und er hatte wohl Hunger. Denn etwas später kam eine Parkmitarbeiterin des Wegs entlang und lockte die Luchse mit Nahrung.
Vom Wildpark aus fuhren wir 45 Kilometer weiter nach Wunsiedel zum Felsenlabyrinth. An der Einfahrt zum Parkplatz begrüßte uns ein Parkwächter, der gleich mal 3 Euro für’s Parken verlangte.
Am Eingang der Felsengänge bekamen wir die Information, dass die blauen Pfeile den Weg nach oben weisen, die roten Pfeile nach unten führen. Ich war sehr froh darüber, dass ich mir noch feste Schuhe gekauft hatte. Im Prospekt, den ich mir noch holte steht, „wir empfehlen Wanderschuhe zu tragen“. Es empfiehlt sich wirklich feste Schuhe mit Profil zu tragen. Ebenfalls sollte man gelenkig sein. Ich war teilweise so damit beschäftigt zu eruieren, wie ich jetzt am besten durch die Felsspalten komme (wie weit komme ich in die Knie, wie weit kann ich mich bücken?), dass mir eventuelle Alternativwege verborgen blieben.
Es gibt auch einen Weg mit gelben Pfeilen, ein sogenannter Nebenweg, der später wieder in den Hauptweg mündet. Besucher, die den Nebenweg liefen, liefen später den Hauptweg. Sie meinten, sie hätten irgendwie die Hälfte verpasst. Wer also das Felsenlabyrinth besucht, sollte neben Wasser und eventuellem Picknick, auch Zeit und Lust mitbringen, Wege zweimal zu laufen oder einfach auch um mal nur auf einer der vielen Bänke Rast zu machen und die Felsenlandschaft auf sich wirken zu lassen.
Am Gipfel
Oben, unterhalb des Gipfels, gibt es Tische und Bänke, die zum Verweilen und Brotzeit auspacken einladen. Bevor es dann zum Gipfelkreuz raufgeht. Der Weg führt nochmals über eine steile Treppe nach oben. Die Plattform ist beengt. Mit vier Menschen geht es noch, mit mehr wird’s gemütlich. Von dort hat man eine gute Sicht auf den Ochsenkopf und den Schneeberg. Ich persönlich bräuchte ja immer so Schilder, was ich da gerade sehe und bis wohin ich gucken kann. Ein paar Schilder auf der Brüstung oder unten am Picknickplatz hätten mir schon genügt. So hat der Reiseleiter die Informationen gegeben. Der Ochsenkopf ist mit 1024 m der zweithöchste Berg, der Schneeberg mit 1053 Meter der höchste Berg des Fichtelgebirges.
Nach der Wanderung, die neben der Gelenkigkeit auch die Fitness und Kraft in den Beinen testet, kehrten wir im Café ein. Cappuccino für alle, für die Frau des Reiseleiters Erbeerkuchen und für mich warmen Apfelstrudel mit Vanillesoße. Es war für uns alle schon lange her, dass wir in einem Cafégarten saßen. Da wenig Gäste und draußen, fühlten wir uns auch wohl.
Tagesausklang und nachdenkliche Töne
Wieder „Zuhause“, also in des Reiseleiters Haus, ging erst einmal jeder seiner Wege. Später, zur Abendessenszeit, ging ich nach oben und fand meinen Vater auf der rückseitigen Terrasse vor dem Grill vor. Ich setzte mich ein wenig zu ihm und genoß die Ruhe. Es ist wirklich ruhig dort. Da es mein letzter Abend war, gab es nach dem Abendessen kein Abendprogramm via Antenne sondern gemütliches beisammen sitzen. Er erzählte ein wenig von früher, aus seiner Kindheit.
Zwischendrin klang an, dass er sich das Leben in Deutschland anders vorgestellt hatte. Vieles, so sagte er, hat sich verschlechtert. Das hatte er anders in Erinnerung. Seine Erinnerungen an Deutschland sind 35 Jahre alt. Innerhalb dieser Zeit hat sich viel verändert. Nicht nur im Gesundheitssystem und der Gesellschaft. Er macht sich Sorgen, um die künftigen Entwicklungen, um die Zukunft. Er war gekommen, um hier seinen Lebensabend zu verbringen. In Ruhe und Sicherheit, gesundheitlich gut versorgt. Sie leben auf dem Land. Noch gibt es einen Hausarzt. Termine bei Fachärzten kaum zu bekommen. Patientenstopp. Wartelisten – Fehlanzeige.
25.08.2022 – Abschied
Aufstehen. Packen. Nichts vergessen? Frühstücken. Ein komisches Gefühl. Ich blieb noch bis zum Mittag. Dann brachte ich die Sachen ins Auto. Zum Abschied begleiteten mich beide zum Auto. „Ruf an oder schreib kurz, wenn du da bist“. „Mach ich“. Ich wurde noch um’s Eck navigiert. Nochmal winken. Dann den Privatweg nach unten über den Garagenhof und rechts auf die Straße.
Ein Anfang. Wiederholung nicht ausgeschlossen.