29.07.2022 – Eine Uhrengeschichte
Die verstorbene Schwiegerschwester hatte da diverse Uhren in ihren Zimmern verteilt. Da fanden sich Funkwecker, Kaminuhren, einfache Wecker. Es fanden sich auch diverse Armbanduhren ein. Die allerdings alle nicht gingen. Zum Teil sind sie neu, zum Teil gebraucht. Groß und modisch.
Als wir die Armbanduhren fanden, dachte ich bei einer der Uhren „oh wie groß.“ Große Armbanduhren sind nun nicht so mein Ding. Ich mag das lieber klein und fein. Fand jedoch gerade diese sehr praktisch für Seminare, weil die Zahlen gut zu erkennen sind. Bisher behalf ich mir mit einem kleinen digitalen Wecker. Denn eigentlich trage ich keine Armbanduhren mehr. Es gibt Ausnahmen. Meist bei Seminaren, wie letztens auch in der Weiterbildung. Manchmal ist es ganz praktisch, wenn man weiß, wann man wieder zurück in den Seminarraum muss.
Nun ist es jedoch so, dass diese Armbanduhr gerne stehenbleibt. Das hat nichts mit der Batterie zu tun. Ich stelle sie richtig, sie tickt, ich ziehe sie an, sie funktioniert ein paar Tage, dann bleibt sie stehen, ich ziehe sie aus, lege sie auf den Tisch. Irgendwann läuft sie dann wieder. Wenn ich sie nicht brauche stelle ich sie manchmal wieder auf die richtige Uhrzeit. Lasse sie am Tisch liegen und sie tickt munter vor sich hin. Ich bin sicher, wenn ich sie wieder anziehe hört sie irgendwann wieder auf zu ticken.
Eine der Kaminuhren verhält sich ähnlich. Als sie noch im Haus am Kamin stand, blieb sie irgendwann stehen, bekam eine neue Batterie und zeigte immer die richtige Zeit an. Dann nahmen wir sie mit. Ich stellte sie ins Büro aufs Regal. Sie tickte. Irgendwann blieb sie stehen. Einfach so. Mir war es wurscht, denn auf dem Schreibtisch steht ja noch ein Funkwecker. Dann irgendwann fing sie wieder zu ticken an. Seitdem tickt sie unaufhörlich und lebt in einer völlig anderen Zeitzone als ich hier. Bei ihr ist es jetzt 11:30 Uhr, während es real 7:53 Uhr ist.
Ich bin mir sicher, wenn ich sie wieder auf die richtige Zeit stelle, bleibt sie irgendwann wieder stehen. Einfach so. Nur um irgendwann wieder weiterzuticken. Genauso wie die Armbanduhr auch.
Letzter Schultag
In Bayern ist heute der letzte Schultag. Für einige Schüler*innen endet heute die Schule ganz offiziell, für andere geht es demnächst auf eine andere weiterführende Schule. Letzter Schultag bedeutet auch immer Zeugnistag. Oft ist es ein kurzer Schultag. Heute endete der Schultag wohl um 11:15 Uhr. Denn bereits ab 11:20 Uhr laufen die ersten Schüler*innen am Gartenzaun entlang vorbei.
Trigger
Vor langer Zeit arbeitete ich probeweise in einer Softwarefirma. Eine meiner Tätigkeiten war das Verkaufen von Software, die die Firma herstellte. Irgendwann ließ irgendjemand in die Unterhaltung den Satz „das hat mich angetriggert“ einfließen. Mir war der Sprachgebrauch bisher nicht bekannt und irgendetwas störte mich bei der Art der Verwendung des Wortes. Irgendwie schien es nicht zu passen.
Ein paar Jahre später lese ich bei Herrn Fischer über den inflationären Gebrauch des Wortes „Trigger“ und anderer Wörter, die damit ihren „ursprünglichen Sinn verlieren“ . Der Blogartikel trägt die Überschrift „Selbstdiagnosen“.
In meiner Weiterbildung fällt immer wieder mal das Wort „Trigger“. Meist mit „Ihr müsst da mal schauen, welche Trigger da bei Euch angesprochen werden.“ Ich werde dann immer hellhörig, denn wir haben nie noch nicht geklärt, was die beiden Seminarleiter damit meinen. Auch beim letzten Mal nicht, als wir nach einer Übung am Abend unbefriedigt nach Hause gehen und am nächsten Tag alle in der Morgenrunde erklärten, welche inneren Gefühle, diese Übung am Vortag ausgelöst hat.
Heute lese ich in einem der Bücher, die ich demnächst rezensiere, eine Definition.
„Trigger“, so lese ich da, „stammt aus dem Englischen und bedeutet Auslöser. Bei einem Trigger handelt es sich um einen Reiz von außen, der im Inneren des Menschen eine Reaktion auslöst, die an starke körperliche Reaktionen und Emotionen geknüpft sein kann. Es wird eine Erinnerung aus einer alten überfordernden Situation angestoßen“ (Wedewardt, Cantzler 2022, S. 68). Und weiter: „… diese Auslöser stoßen unbewusste Erinnerungen blitzartig an und spülen [sie] an die Oberfläche“ (ebd.)
Nachtrag: Wedewardt, Lea; Cantzler, Anja (2022): Sich seiner Selbstbewusstsein. Biografische Selbstreflexion. Herder Verlag
In dem Buch geht es vorrangig um die (biografische) Selbstreflexion pädagogischer Fachkräfte unter verschiedenen Perspektiven. Neben der eigenen Motivation zur Berufswahl, Einstellung der außerfamiliären Betreuung und vielen anderen Themen, geht es eben auch um die unbewussten Anteile und Erinnerungen, die durch Situationen im Alltag und Verhaltensweisen anderer an die Oberfläche treten können. Reaktionen, die nicht unbedingt etwas mit dem Hier und Jetzt zu tun haben, sondern aus der Vergangenheit stammen jedoch die Beziehungen und Interaktionen mit den Kindern schädlich beeinflussen können. Aufgeführt werden in diesem Zusammenhang auch Triggerelemente von Außen, wie zum Beispiel bestimmte Gerüche, Stimmfarben, Gesichtsausdrücke, Gangart einer Person, Persönlichkeitseigenschaften und vieles mehr.
Wir kennen das ja auch von uns selbst, wenn wir fremde Menschen treffen. Da gibt es Menschen, die einem sofort sympathisch sind, ein wohliges Gefühl auslösen und andere, die mit irgendwas Worten, Körperbewegung, Gesichtsausdruck sofort Aggression hervorrufen. Das sind dann implizite Erinnerungen, die wir uns genauer anschauen sollten. Wieso löst gerade diese Begegnung, dieses Wort, dieser Gesichtsausdruck, Verhalten solch heftigen Gefühle aus? Woher stammen sie?
Was sicherlich nicht dazu gehört ist, wenn eine Verkäuferin in stressigen Situationen oder weil sie einfach einen schlechten Tag ist, unfreundlich auf unser Anliegen reagiert. Die Unfreundlichkeit mag Gegenreaktionen in uns auslösen und auch Emotionen der Wut und Agression (Pampigkeit, eigene Unfreundlichkeit), das mag in der Situation vielleicht heftiger ausfallen als wir wollen, hat jedoch meist nichts mit unverarbeiteten unbewussten Gefühlen zu tun, die explosionsartig und blitzschnell an die Oberfläche treten. Also mit der psychotraumatologischen Begrifflichkeit des Wortes „Trigger“. Mehr Informationen gibt es auf dem Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik.
Der Postilion war da (oder heißt das jetzt Postillionin?)
Heute kam das vermisste Rezensionsexemplar. Große Freude und viel Lesestoff für die nächsten zwei Wochen.
Gehört
Letztens eine Radiosendung gehört „Im Alter neue Wurzeln schlagen“, die durchaus Mut macht. Denn auch mit 70 Jahren, sind räumliche Veränderungen möglich. Jedenfalls, wenn man noch fit ist. Mit räumlicher Veränderung ist hier nicht das Seniorenwohnheim gemeint, sondern der Umzug in eine andere Stadt, ein anderes Bundesland. Als ich die Sendung, leider nur noch den letzten Teil, hörte und all die Menschen, die von ihrem Neuanfang erzählten, war ich erstens echt beeindruckt und zweitens entspannte es mich, weil wir damit auch mit 70 noch die Chance auf Traumhaus und -ort haben.