29.10.2023 – Was auf Zetteln steht
„Was sagt der große Stift zum kleinen Stift?“ „Wachs-mal-Stift.“ So stand’s in Kinderschrift auf einem Zettel, der im Freilandmuseum auf einem der Tische in einem der Häuser lag. Ein Grinsen huschte über mein Gesicht. Es gibt Dinge, die überdaueren die Zeit und werden von Generation zu Generation weitergetragen.
Wir hatten keinen Plan, als wir am Parkplatz vom Freiland Museum ankamen. Es schien uns jedoch vernünftig, den milden Oktobersonntag zu nutzen. Mit einem Spaziergang. Der Vorteil am Freilandmuseum ist, man kann auf den Wegen spazieren und wenn es anfangen sollte zu regenen, kann man sich in eines der Häuser verziehen. Sofern gerade eines auf dem Weg liegt.
Vorher fuhren wir noch an einem Haus zum Verkauf vorbei. Es ist doch immer gut, wenn man sich vor Ort selbst ein Bild macht. Auf Bildern sieht vieles besser und manchmal auch viel weitläufiger aus, als es dann in der Realität ist. Das Gründstück kommt noch nicht mal als Baugrundstück infrage.
Auf dem Weg zurück fuhren wir an gepflückten Äckern vorbei. An deren Rändern Apfelbäume standen. Unter einem Apfelbaum waren hunderter von Starren damit beschäftigt das Fallobst zu verspeisen. Als wir vorbei fuhrne stoben Schwärme von Starren rechts und links in die Luft. Hitchcock wäre begeistert gewesen.
Im Café
MonAmour hält vor einem Café. Ich steige aus, gehe auf den Eingang zu. Vor dem Eingang steht ein Mann mit einem Kinderwagen. Mir kommt eine Frau mit Kind entgegen. Sie setzt es in den Kinderwagen, während ich das Geschäft betrete. Kurz orientiere ich mich. Hinter der Theke sind drei Verkäufer*innen damit beschäftigt die Kund*innen vor der Theke zu bedienen.
Vor mir die Teilchen und Brotgebäck Abteilung, rechts von mir die Kuchen- und Tortenabteilung mit Kaffeeausgabe. Dort stehen die meisten Menschen. Da vor mir niemand ist, werde ich sogleich bedient. Während ich meine Bestellung aufgebe plötzlich neben mir eine erhobene weibliche Stimme. Die Frau echauffiert sich gerade darüber, dass der Verkäufer keine Handschuhe trägt.
Sie entrüstet sich weiter, dass das unhygienisch sei. Hinter der Theke bricht Hektik aus, der Verkäufer sucht nach Handschuhen, während eine andere Verkäuferin erklärt, dass sie schon länger keine Handschuhe mehr tragen und dies eine Anordnung ihres Chefs sei. Die Dame vor der Theke entrüstet sich noch mehr. Der Verkäufer in seiner Not geht in den hinteren Teil sucht dort, wäscht sich dann die Hände, kommt wieder nach vorne, möchte nach der von der Dame bestellten Ware greifen. Sie entsezt: „Sie fassen mein Essen nicht an. Ich muss das schließlich dann Essen. Ich esse nichts, was jemand ohne Handschuhe anfasst.“ Er: „Ich habe mir gerade die Hände gewaschen.“ Sie: „Ohne Handschuhe fassen sie mein Essen nicht an. Ich muss es schließlich essen.“ Dann verlässt sie den Laden.
Wir anderen bleiben ein wenig ratlos zurück. Die Frau, die mir beim Betreten des Cafés entgegen kam freut sich: „Super, dann bin ich jetzt dran“ und strahlt den Verkäufer an. Ich zahle derweil.
Als ich rausgehe, steht der Mann mit mit dem Kinderwagen noch vor dem Laden. Er hält sein Kind auf dem Arm, wartet auf seine Frau, die gerade den Kuchen an der Theke bestellt. Wir lächeln uns an. Irgendwie verstehend. Das Kind auf dem Arm: „Was hat die Frau im Gesicht?“ Der Mann: „Eine Maske“. Wir lächeln uns nochmal an. Dann gehe ich zum Auto. Den weiteren Verlauf des Gesprächs zwischen Kind und Mann bekomme ich nicht mehr mit.
Als ich wieder neben MonAmour sitze, berichte ich von dem Vorfall. „Weißt du, vermutlich ging es gar nicht um die Handschuhe, vermutlich ging es um die Hautfarbe des Verkäufers. Sie wird hier in der Gegend kein Café finden, indem die Verkäufer*innen Handschuhe tragen“. Doch diese Erkenntnis kommt mir erst im Auto. Was für eine seltsame Welt.