12.09.2021 – Lustige Sachen in einer nicht lustigen Welt
Haben Sie auch so einen hübschen Brief von Ihrem Landesamt für Statistik bekommen?
Erst ruft der Schwieger die Woche an und erzählt, dass er da einen Brief bekommen hat, „da kann man nur online, er hat doch gar kein Internet“ (er besitzt auch kein Smartphone). Er habe versucht da anzurufen, er kommt aber nicht durch, da ist immer besetzt. Am Wochenende lese ich in der Zeitung, dass die Hotline überlastet ist, denn in dem Schreiben entstand der Eindruck, dass man die Vorbefragung nur online ausfüllen kann.
Da auch ich so einen Brief bekam, kann ich den Eindruck nur bestätigen.
Als ich die Wochenendzeitung so durchblättere fällt mir das Sonntagsfernsehprogramm auf. Ich: „Triell im Ersten, im Zweiten und im Dritten das fliegende Klassenzimmer. Was für eine Auswahl!“ Da der Mann und ich bereits per Briefwahl unsere Stimmen abgegeben haben, sind wir bei Programmauswahl ehrlich etwas ratlos. Ja, wir haben mehrere Programme zur Verfügung und ja wir könnten auch per Internet. Wir haben jedoch eine Alternative gefunden.
In der Wochenendzeitung entdecke ich ebenfalls eine klitzekleine Anzeige. Versteckt zwischen all den Gratulationswünschen zu diversen Jubiläen und Hochzeitsgrüßen. Eine Dame bedankt sich beim ehrlichen Finder für die Abgabe ihres Rucksacks an dem Ort, wo sie ihn wohl vergessen hatte. Das sind Nachrichten, von denen ich finde, dass sie viel größer und öfter in Zeitungen gehören.
Bleiben wir doch gleich mal bei den Nachrichten. Meist informiere ich mich ja per Internet über die Dinge, die so in der Welt geschehen. Da lese ich dann zum Beispiel, dass in Mittelfranken die Inzidenzwerte gesunken sind, nur um im zweiten Satz zu lesen, dass sie gestiegen sind. Was jetzt nu? Oder ich lese von einem denkmalgeschützten Brand. Ich überlege laut, wie wohl ein denkmalgeschützter Brand aussieht? Muss man den dann auch mit einer denkmalgeschützten Feuerwehrsprizte löschen?
Heimat – was ist Heimat?
Wir sind ja zurzeit Autofrei. Der Mann versucht seit Wochen, die vielen Löcher, die der gemeine Rostfraß hinterlassen hat zu stopfen. Das gefällt nicht jedem. Es hat uns jedoch den Schubser dazu gegeben, wesentlich intensiver nach Alternativen zu suchen und die Immobiliensuche zu intensivieren.
Irgendwann beim Nachtisch, nachdem der Schwieger, der zum sonntäglichen Grillen da war (das wird langsam zu einem Ritual), und wir über weitere Alternativen sprachen, kamen wir auch auf die Häuser zu sprechen, die uns durchaus gefallen hatten, aber für unser damaliges Budget einfach zu teuer. MonAmour erzählte, was ihn wohl geprägt hat und warum er nur bei einem Objekt, so etwas wie Heimatgefühl entwickelt hatte. Es brachte ihn denn auch dazu mich zu fragen, wie es eigentliche für mich ist, denn eigentlich ist das hier ja meine Heimat und mein Elternhaus. Wir hatten da schon öfter mal drüber geredet. Nur noch nicht so intensiv, wie Jetzt.
Weißt du, sagte ich, Heimat, dass waren meine Großeltern, die in der Oberpfalz lebten. Früher wollte ich immer neben ihn beerdigt sein, wenn ich mal sterbe. Jetzt sind ihre Urnen an einem Ort begraben, an dem ich jedoch nicht begraben sein möchte. Aber meine wirkliche Heimat, da wo mein Herz hängt, das ist Südafrika. Das Leben, das ich dort als Teenager erlebt habe, diese weite des Landes, diese Freiheit, die ich dort erleben durfte, das fehlt mir hier. Als mein Vater sich entschloss dort zu leben, wäre ich wahnsinnig gerne mit. Mir hat es hier einfach nicht mehr gefallen. Mir ist es hier zu eng. Zu kleingeistig, zu spießig, zu bieder. Die Menschen dort sind viel freundlicher. Sie sind lebenslustiger, sie lächeln mehr, strahlen viel häufiger. Es ist ein ganz anderes Lebensgefühl. Den Unterschied merkst du sofort, wenn du dort aus dem Flieger aussteigst. Natürlich ist es ein ganz anderes Leben dort. Aber immer wenn ich meinen Vater besuchte, das war ja nun nicht so oft, hatte ich das Gefühl nach Hause zu kommen. Das hier ist zwar mein Elternhaus, aber ich muss ehrlich sagen, dass ich immer wieder überlegt habe von hier wegzugehen.
Am Ende unseres Gesprächs stellte sich heraus, dass er, der nie aus Deutschland heraus kam, sich nach Weite und einem freieren Leben sehnt. Wir hingen dem Gedanken noch lange nach.