01. + 02.05.2022 – Tag der Arbeit, BARF
Wir machen dem Tag alle Ehre und wühlen uns durch die Schränke vom Schwieger. Genauer den Schränken, die seit dem Tod der Großmutter MonAmours im Jahr 2007 niemand mehr Beachtung schenkte.
Dort verbergen sich allerlei Geschirrsevice, einzelne Tassen, Bestecksets – gebraucht und neu, Tischware, Bücher und Gläser aller Art. Im Barfach findet sich sogar noch angebrochene Alkoholika.
Nachdem das andere Haus nun ausgeräumt und verkauft ist, hatte MonAmour die Idee, die Sachen, die in den Schränken schlummern, als auch die Möbel noch zu Lebzeiten des Schwiegers zu verkaufen, zu spenden oder zu entsorgen. Der Schwieger ist sehr damit einverstanden. Und wenn wir hier wirklich die Zelte abbrechen, dann soll nur das mit, was auch gebraucht wird.
Im Regal stehen viele dieser Bertelsmann-Lesering-Bücher herum. Manche Titel kommen mir bekannt vor, denn auch meine Mama war im Bertelsmannclub, was bei zeitweilig 6 Millionen Mitgliedern wenig verwundert. Auch ich habe hier noch Bücher vom Lesering und auch die verstorbene Schwiegerschwester war beim Berteslmann Mitglied. In den Schränken vieler Menschen dürften die gleichen Bücher zwischen 1950, dem Gründungsjahr, und 2015, dem Auflösungsjahr, stehen. Teilweise stehen in diesem Schrank noch original verpackte Bücher.
Als wir die Rechnung zum Modernen Lexikon finden samt Phonogerät verschlägt es uns schier die Sprache. Kostete das Moderne Lexikon mit allem drum und dran im Jahre 1979 um die 3000 Mark. Die Älteren unter Ihnen wissen wieviel Geld das damals war. Heute werden die Stücke für 15 bis 45 Euro in den bekannten Verkaufsportalen verramscht. Da wir die Rechnung erst später finden, müssen auch wir die Phonobox wieder aus dem Müll holen. Wir brachten zunächst Modernes Lexikon und Phonobox nicht zusammen. Zudem war die Batterie oxidiert und das Gerät lief nicht.
MonAmour säuberte sie und schaute sich die verlöteten Kontaktstellen der Kondensatoren an. Auch hier kleinere Reinigungsaktionen. Immerhin der innere Teil der Phonobox dreht sich wieder.
Die Phonobox ist ein Gerät, welches die Plastikscheiben, die im Moderenen Lexikon enthalten sind abspielt vorliest. Man lernt doch immer wieder dazu.
Bücher, Bücher und Upcycling
Unter den Büchern findet sich auch „Drei Mann in einem Boot. Vom Hunde ganz zu schweigen.“ von 1958. 1961 kam der Film mit Heinz Erhardt, Walter Giller und Hans-Joachim Kulenkampff raus. Der zuweilen zu bestimmten Zeiten im Jahr noch immer im Fernsehen läuft. Nachdem die Bücher im Karton verstaut sind, frage ich mich, was man wohl damit noch anfängt.
Das Internet klärt mich auf. Bücher als Bastelware. Der Gedanke an sich widerstrebt mir eigentlich und ich weiß noch, wie ich mich damals im Sozialpädagogikstudium im Kurs „Papierschöpfen“ des Künstlers Ansinnen Bücher zu Briefen und Pappmachè zu verarbeiten, verweigerte. Ein paar Jahre später beriet ich eine Kita zum Thema Sprachliche Bildung im Alltag. Als wir in deren Lesezimmer saßen, entdeckte ich einen Schreibtisch, dessen Standbeine aus verschiedenen Bücherstapeln bestand. Die Bücher, so die Antwort auf meine Nachfrage, wurden alle zusammengeklebt, wegen der Standfestigkeit.
Im Rahmen der Internetrecherche erfahre ich auch vom Bücherfalten, Bücher als Aufbewahrungs- und Pflanzboxen, Seiten so geschickt zusammengefügt, dass auch aus ihnen Aufbewahrungsboxen oder Pflanzgefäße werden. Die Idee an sich gefällt mir. Statt die Bücher weiterhin im Schrank oder Karton schlummern zu lassen werden sie von wem auch immer verbastelt. Upcycling.
Wenn die Bücher allerdings noch ein wenig schlummern, sind sie bald 100 Jahre alt. 64 Jahre haben sie schon geschafft. Ob ich allerdings noch 36 Jahre hier auf Erden wandeln werde und in gesundem Zustand, ist nicht sicher.
Barf
An der Hauptstraße, die aus dem Ort herausführt, gibt es einen Laden. Früher, während meiner Kindheit und Jugend, war dies eine Bäckerei. Später zog dort eine Filialkette ein, die ebenfalls Backwaren verkaufte. Danach wurde aus dem Laden eine Immobilienbüro. Dann stand es eine zeitlang leer und jetzt wird es ein Delikatessengeschäft für Hunde. Auf der Suche nach B.A.R.F. erfahre ich, dass es sich um Ernährungsberatung für Hunde handelt. Man kann dort auch allerlei andere Nützlichkeiten und Unnützlichkeiten für den Hund erwerben. Mir stellt sich mal wieder die Frage, ob wir solche Läden wirklich brauchen? Hätten wir nicht eigentlich andere wichtigere Sorgen und Kümmernisse?
Kommunikation ist das Zauberwort
Für ein von mir angebotenes Ding bekomme ich eine Mail. Es kommt zu einer Terminvereinbarung. Von jemand anderen bekomme ich eine Anfrage für dasselbe Ding. In meiner Antwort gebe ich zu verstehen, dass ich mich wieder melde, wenn Interessent 1 abspringt. Danach erscheint eine Mail von Interessent 2, dass er meine Adresse braucht. Sorry, Adresse gibt es erst, wenn Interessent 1 abspringt. Es passiert genau das. Interessent 1 erscheint nicht zum vereinbarten Termin. Nach 40 Minuten warten fahren wir zum Schwieger. Dort gibt es ja auch noch einiges zu tun. Interessent 2 bekommt eine Anfrage, ob er noch Interesse hätte. Inzwischen hatte es auch noch einen dritten Interessenten, auch diesen vertröstete ich. Weder Interessent 2 noch 3 melden sich zurück.
Der junge Mann, den wir zum Schwieger umleitetet, freute sich sehr, über seine Neuerwerbung auch weil der Termin so spontan klappte, und nicht erst drei Tage später, wie angefragt. Kommunikation ist das Zauberwort.