10. & 11.12.2022 – Erschöpft
Draußen liegt Schnee. Über Nacht hat jemand im Himmel die Puderzuckerdose verschüttet. Nun liegt der ganze Puderzucker übers Land verteilt herum. Während ich dies hier schreibe spitzt die Sonne hervor und lässt den Himmel strahlen. Durch den Schnee wird das Strahlen noch verstärkt.
Die letzten Tage waren schön anstrengend.
Inzwischen haben wir dreiviertel unserer Weiterbildung geschafft. Vor uns liegen im nächsten Jahr noch 2 Tage im Februar, vier Tage im März und im Juni. Im September ist Abgabe der Hausarbeit, im Oktober Kolloquium. Theoretisch bin ich dann DGSF-zertifizierte systemische Beraterin. Theoretisch. Bis dahin brauche ich 70 Beratungsstunden. Ob ich diese bis dahin füllen kann, ist noch ungewiss. Theoretisch wären das 7 zu Beratende mit jeweils 10 Beratungsstunden. Oder 14 zu Beratende mit jeweils 5 Stunden. 23 zu Beratende mit jeweils 3 Stunden und einmal 4 Stunden.
Um die Zertifizierung zu bekommen braucht es die Beratungsstunden, drei Fallberichte und das Kolloquium. Die Fallberichte bekomme ich hin, das Kolloquium auch. Nur die Stundenanzahl könnte knapp werden. Zum Nachreichen haben wir insgesamt 2 Jahre Zeit. Das mag den einen oder anderen in Tiefenentspannung versetzen, mich macht es eher unruhig, weil man beim „erlaubten Trödeln“ schnell die Zeit und das Ziel aus den Augen verliert. Deshalb hätte ich lieber meine 70 Stunden zum Ende der Beratungen voll. Und auch lieber mehr als zu wenig. Mehr zu Beratende, mehr Themen, mehr Erfahrung.
Das bedeutet jedoch auch nächstes Jahr nochmal kräftig die Werbetrommel rühren.
Die letzten Tage
Viel Neues, so stellten wir am Ende des Seminars fest, war nicht dabei. Am Ende des Seminars wurden die Veränderungsprozesse bei den einzelnen Personen deutlicher. Gleichzeitig verfeinerten wir unsere bereits hinzugewonnen Kompetenzen. Ich persönlich erlebe gerade, wie ich an meinem Profil arbeite und sich meine Haltung – jetzt systemische Haltung – schärft. Die Synapsen in meinem Hirn feuern wie wild, knoten noch ein wenig. Vermutlich kommt meine Erschöpfung auch daher. Was am Samstagabend dazu führte, dass ich ohne Umwege bereits um 20:30 Uhr im Bett lag und fast bis 8 Uhr durchschlief. Zweimal geweckt von Bedürfnissen unter anderem großem Durst.
Meine Träume hatten viel mit vielen Menschen zu tun. Es ging Treppen runter, Berge rauf, es wurde auch mal methodisch. Mein Hirn hat lustig weitergearbeitet, während der Körper erschöpft und schlafend im Bett ruhte.
Ich merke auch jetzt noch, wie schwer es mir fällt meine Gedanken zu sortieren. Immerhin lässt sich das Kopfweh inzwischen mit Schmerzmitteln ruhig stellen. Die letzten zwei Tage war es mir ein ständiger Begleiter, der sich weder mit Ibu noch mit Paracetamol einfangen ließ. Da ich schon öfter mehr als 7 Stunden mit Maske in Räumen verbrachte, möchte ich diesen Umstand mal als Ursache für den Kopfschmerz ausschließen. Inzwischen trägt ja keiner mehr Maske, nur die Menschen, die sich kränklich fühlen oder sich gerade von einer Erkältung erholen. Ich probierte es immer wieder für einige Minuten ohne Maske aus (Essen und Trinken geht ja nur ohne), merkte jedoch schnell, dass ich für einen Tag unter vielen Menschen noch nicht bereit bin auf die schützende Maske zu verzichten. Auch ein Lerneffekt.
Während meiner Abwesenheit trudelten hier ein Bücherpaket – alles für die Weiterbildung und die Hausarbeit – und ein Paket mit einem neuen Wasserkocher und Hausschuhen ein. Endlich wieder Hausschuhe zum Schlüpfen in denen auch wieder dicke Socken gehen. Hat es mich doch am Schreibtisch sehr gestört, dass die Barfussschuhe, die ich erbte, nicht für dicke Socken bzw. Doppelsocke geeignet sind und ich immer öfter mit kalten Füßen da saß. Manchmal half es die Straßenschuhe anzubehalten, wenn ich eh schon unterwegs war und die Füße dann warm. Nur meinem sitzenden Bewegungsdrang waren dann die Schuhe im Weg. Sitze ich doch gerne mal mit angewinkelten Beinen auf dem Stuhl. Gerne auch mal ein Bein unterm Po. Hat eigentlich schon mal jemand die verschiedenen Arten des Sitzens auf einem Bürostuhl gesammelt?
Krise leicht gemacht
Wir hatten durchaus auch schwere Themen in diesen Tagen. Wurden wir doch aufgefordert uns mit dem Thema Krisen im eigenen Leben zu beschäftigen und völlig lösungsorientiert herauszufinden, was uns aus der Krise geholfen hat. Da es in diesem Seminar auch um das Thema Mentalisierung ging, sollte das ganze bildlich dargestellt werden. Es entstanden unheimlich viele schöne Bilder – vermutlich deshalb auch die Träume mit den Bergen und Treppen. Interessanterweise stellten wir am Ende fest, dass wir es auch als eine sehr beschwingende Arbeit empfanden. Dabei sind Lebenskrisen nun wirklich nichts lustiges und luftig leicht schon gar nicht. Allein die Beschäftigung damit, was geholfen hat, ließ die erlebte(n) Krise(n) nicht mehr so schwer erscheinen.
Uns allen ist klar, dass Menschen, die sich in Krisen befinden und Hilfe suchen schon den ersten Schritt aus der Krise herauswagen. Und natürlich gilt es den Menschen in seinem empfinden ernst zu nehmen und seine Krise zu würdigen. Und erst nach einer Zeit der Würdigung die Ressourcen und Lösungsmöglichkeiten ausfindig zu machen, die ihm aus der Krise helfen können. In suizidalen Fällen, da waren wir uns alle einig, muss ein anderer Weg gewählt werden.
Es ist jedoch erstaunlich wie viele sich von uns aktuell in Krisen- und/oder Veränderungsprozessen befinden.
Als wir zum Lebensmitteldealer liefen, gab ich MonAmour eine Zusammenfassung der bisherigen Entwicklungen. Der Titel war ähnlich dem, der aus 1994 stammenden Liebeskommödie mit Hugh Grant und Andie MacDowell. Ich bin ehrlich gespannt, welchen Titel ich am Ende der Weiterbildung gebe, wenn diese im Oktober beendet ist.
Interessanterweise erfüllt es mich mit leichter Sorge, wenn diese Weiterbildung im Oktober endet. Momentan sind wir in unseren Peergruppen und Supervisionen gut aufgehoben und haben Möglichkeiten unsere „Fälle“ und Themen zu besprechen, uns kollegialen Rat zu holen. Noch sind wir dazu verpflichtet. Als zertifizierte Beraterin ist ebenfalls klar, dass es meine Aufgabe ist weiterhin „Fallsupervision“ zu nehmen. Es stürzt mich jetzt nicht in eine Krise, bereitet mir jedoch Sorge, denn im Augenblick bin ich da ja rundumversorgt. Sprich, um nicht in eine Lücke zu fallen, braucht es rechtzeitiges umgucken und intervenieren.
Wärmendes
Der Schnee da draußen ludt nicht nur zu einem Spaziergang ein, sondern auch zum Besuch von Weihnachtsmärkten. Doch bevor diese heimgesucht wurden, verschwand ich mit meinem surrenden Kopf in der wärmenden Wanne.