Eingeschränkte Persönlichkeitsrechte | Hartz IV
Nachgehört
Ich habe mir also die „KulturWelt“ vom 23.04.2021 nochmal angehört. Es gibt zwei Themen zu Corona. Einmal die Corona-Passionsspiele. Diese sind ein Projekt von Nicolas Stemann. Der Beitrag, ab Minute 10:52 bis 17:22, ist durchaus hörenswert. Nicolas Stemann hat sich Gedanken zu Corona und Theater gemacht und steht den Lockerungen durchaus kritisch gebenüber. Danach dann ein Kommentar zu den 53 Schauspielern, die, ja was eigentlich gemacht haben, ihre Stimme, ihr Gesicht, ihren Namen für ein fragwürdiges Projekt hergegeben. Wen der Kommentar dazu interessiert, zu hören ab Minute 17:23 bis Minute 21:26. Ich persönlich finde die Aktion, höchst fragwürdig. Sollte es tatsächlich ironisch und satirisch gemeint gewesen sein, dann ging das gründlich schief. Solche Aktionen brauchen wir gerade nicht. Nicht mit diesen hohen Fallzahlen, nicht mit Pflegepersonal am Rande des Zusammenbruchs, nicht mit Kliniken, die kaum noch Intensivbetten zur Verfügung haben, nicht mit der Gefahr von neuen Virusmutanten, die selbst Geimpfte umrunden. Und ja, mir bereitet diese Art von Aktion Sorge. Sorge, dass solche Aktionen, noch mehr Coronagegner und Querhirnis hervorbringt. Mein Wunsch: Lasst uns doch bitte bitte endlich den Virologen zuhören und die wirklich notwendigen Konsequenzen daraus ziehen. Denn auch ich habe den Wunsch mal wieder Menschen begegnen zu können, ohne sie als potenzielle Gefahr wahrzunehmen.
Als ich am Freitagabend vom Supermarkt nach Hause lief, kam mir eine Frau mit Hund entgegen. Ich ging zur Seite und wartete. Sie ging vom Gehweg auf die Straße, damit der Abstand zwischen uns größer wurde. Sie bedanke sich bei mir, weil ich stehengeblieben war. Ich bei ihr, weil sie es mir ermöglichte weiter zu gehen. So weit sind wir schon.
Für oben genannte Aktion, empfehle ich den Schauspielern 160 Sozialstunden in einem Krankenhaus. Bitte nur auf den Stationen, auf denen Menschen liegen, die an Corona erkrankt sind.
Gedanken zu „Eingeschränkte Persönlichkeitsrechte“
In letzter Zeit mache ich mir immer wieder Gedanken zum Thema „eingeschränkte Persönlichkeitsrechte“ und Hartz IV. Ich habe sie hier mal aufgeschrieben.
Gerne würde ich allen, die meinen ihre Persönlichkeitsrechte seien wegen Corona eingeschränkt, mal ein halbes Jahr oder besser ein Jahr Hartz IV gönnen. Ohne Zugriff auf Freunde, die sie anpumpen könnten, Familie oder ihre eigenen Rücklagen. Wohnen in einer Wohnung, die Hartz IV gerecht ist. Dann möchte ich mal sehen, wessen Persönlichkeitsrechte wirklich eingeschränkt sind.
Hartz IV heißt, als Alleinstehende 446 Euro pro Monat. Herr Mohnblume und ich schaffen das noch nicht mal bei den Lebensmitteln. Wir liegen ein wenig drüber. Wir haben das mal ausgerechnet. Es gäbe da durchaus Einsparungspotential, zum Beispiel den Verzicht auf Biowurst, Fleisch und dieses sündhaft teure Körnerbrot ohne Zusatz von irgendwas. Im übrigen stehen bei Hartz IV 150 Euro zur Verfügung für Lebensmittel.
Urlaub? Mal Essen gehen? Für jemanden, der von Hartz IV lebt, kaum machbar. Mal schnell nach New York, Rom oder London? Vielleicht bei 29 Euro für’s Flugticket. Aber dann ist man auch erstmal nur am Flughafen. Eher nicht. Dazu verdienen? Grundeinkommen? Haha.
Hartz IV und Grundkeinkommen
Vor einiger Zeit konnte man sich für eine Studie zum Grundeinkommen bewerben. Unter der Seite „Mein Grundeinkommen“ werden Grundeinkommen verlost. Man kann dort auch spenden. Solange man Alg I bezieht ist ein Grundeinkommen kein Problem. Sobald man jedoch Hartz IV bezieht, wird das bedingungslose Grundeinkommen als Einkommen gezählt und, raten Sie mal, genau, kann alles auf Hartz IV angerechnet werden. Sprich, Hartz IV Empfänger müssten mit Abzügen rechnen. Also, wessen Persönlichkeitsrechte sind hier jetzt mehr eingeschränkt? Die Argumentation „Der oder Die ist doch selbst Schuld.“ Vergessen Sie’s. Jeder/Jede von uns kann da reinrutschen. Jede/r. Krankheiten, Jobverlust….
Wen die genaue Aufteilung der 446 Euro pro Monat interessiert, der kann sich das mal auf der Seite Hartz IV ansehen. Die Grafik zeigt, wieviel Geld für Lebensmittel, Bildung, Gaststättenbesuch, etc. in den Regelsatz einberechnet wurde. Kosten für Miete (Unterkunft) und Heizkosten werden übernommen. Wer mag, kann sich des Hartz IV Rechners bedienen und mal ausrechnen, was er bekommen würde. Bitte jedoch dabei beachten, dass Sie mit dem Betrag wirklich alle Kosten decken müssen.
Abgesehen davon, dass ich gerade selbst Alg I bekomme, und wir mit dem Geld auskommen müssen, ich eine Existenzgründung in Erwägung ziehe, geht es uns damit noch gut. Klar, merke ich schon, dass manche Investitionen, sich in weitere Ferne verschoben haben. Ich bei vielem überlege, ob es notwendig ist. Ich nach Alternativen suche. Klar, mache ich mir Sorgen, wegen dem Füllen vom Öltank oder unvorhergesehenen Ausfällen von Geräten (Waschmaschine, Heizung, etc.). Da ich jedoch im sozialen Bereich gearbeitet habe, bin ich diese Sorgen gewohnt.
Relative Armut
Da ich in einem der sechs Wohlfahrtsverbände angestellt war, war Armut und Armutsgrenzen immer wieder ein Thema auf unserer Agenda. Innerhalb der fünf Jahre, die ich dort angestellt war, wurde mir immer mehr bewusst, wie nah Menschen mit wenig bzw. geringen Einkommen, an dieser Armutsgrenze sind. Rücklagen bilden, Altersvorsorge, schwierig. Mir wurde auch bewusst, wie schnell eine Krankheit, ein Unfall mit darauf folgender Behinderung, einen Menschen aus dem Arbeitsleben katapultieren kann. Vielleicht liegt es daran, dass mir die Themen, wie eingeschränkte Persönlichkeitsrechte, Hartz IV, Grundeinkommen, soziale Absicherung immer wieder durch den Kopf gehen, vor allem dann, wenn sie in den Berichterstattungen auftauchen und ich bei mir denke: Wisst ihr eigentlich wir privilegiert ihr eigentlich seid? Worüber beklagt ihr euch eigentlich? Wisst ihr eigentlich, was es heißt, eingeschränkt zu sein? Wirklich eingeschränkt zu sein?
Systemrelevant und Privilegiert = 3030,- Euro brutto
Im Übrigen bin ich durch meinen Beruf immer noch privilegiert. Denn, egal wie die Geschichte hier ausgeht, ich gehöre noch zu den gesuchten Fachkräften und systemrelevant ist er auch noch, der Bereich. Bekanntlicherweise herrscht gerade in meinem Bereich Fachkräftemangel. Ich muss ja niemanden sagen, dass ich studiert habe. Ich könnte allerdings auch meine eigene Kita aufmachen.