Persönliches Treffen
Schreibstubentag
Heute war Schreibstubentag. Ich hatte unheimlich viele ToDo’s auf meinem Zettel stehen bzw. in meinem ToDo-Buch. Ja, seit 2020 habe ich ein ToDo-Buch. Dafür wurde ich erstens schon gelobt und zweitens bewundert und drittens auch schon nachgeahmt. Und manchmal erfüllt es mich mit stolz, wenn mir Kolleginnen, die ich insgeheim bewundere, wegen ihrer Klarheit und wohlwollenden Haltung und Wertschätzung, solche Rückmeldungen geben. Unsichtbar wachse ich dann 2 bis 3 cm in die Höhe. Real befürchte ich wachse ich in die Breite. Ich befürchte aber auch das ist ein wieder ganz anderes Thema. 🙂
Am Ende des Tages waren kaum ToDo’s abgearbeitet. Sie werden im Lauf der restlichen Woche erledigt.
Okay, Schreibstubentag. Ich habe diesen Tag mit einem ersten „live“ Treffen mit den Kolleg*innen genutzt, die gerne kamen. Denn wir hatten großen Gesprächsbedarf. Es war ein sehr intensives, sehr konstruktives, sehr persönliches Treffen.
Wir haben alle unseren Unmut geäußert, wir haben alle unsere Forderungen formuliert. Wir waren konstruktiv und haben unseren Arbeitgebern Gutes getan. Letztere ließen uns ihren Brief zukommen. Wir formulierten für sie unsere Fragen bzw. Forderungen, die sich zum Teil decken. Wir taten dies nicht nur von uns aus, wir wurden auch darum gebeten. Und ich traute mich meinen Brief vorzulesen. Ich hatte ihn geschrieben, um mir meinen Ärger von der Seele zu schreiben. Er war sehr sehr persönlich. Ich bekam viel Zuspruch und Rückendeckung. Ich werde den Brief jetzt ins reine Schreiben und abschicken. Ich hab’s versprochen. Ich fühle mich gerstärkt und nicht allein. Das tut gut. Und es macht mir Mut. Ach ja, wie war das noch, was sich reimt ist immer gut? Pumuckl, Sie verstehen schon, oder?
Als sich unser Treffen dem Ende näherte, da lobten die Kolleg*innen mich noch einmal. Wegen der vorbildlichen Einhaltung der Hygieneregeln.
Das Lob, über die Kennzeichnung der Abstände, zwischen den Sitzplätzen, gehörte ein paar Schreibstubenmitarbeitern. Das Lob, über die Eindeckung der Tische, nahm ich gerne an. Denn ich hatte jedem meiner Kolleg*innen eine Tasse, einen Teller, eine Kuchengabel, einen Löffel, ein Glas, sowie zwei Flaschen Mineralwasser hingestellt. Was die Kolleg*innen nicht gesehen haben, dass ich dabei Maske und Handschuhe trug und vorher die Tische desinfiziert. Neben der Kaffeekanne standen Desinfektionsmittel und Papiertücher bereit. Damit die Hebel der Kaffeekanne abgewischt werden konnten. Der Kuchen und die Brezen standen am anderen Ende des Raumes, wohl portioniert auf mehrere Teller verteilt. So dass nicht jeder vom gleichen Teller nehmen musste. Mit Greifzangen. Auch dort Desinfektionsmittel und Papiertücher. Während der Besprechung ließen wir die Fenster offen. Nur einmal, da schloßen wir sie, als das Restaurant nebenan eine Lieferung bekam und der Laster direkt unter dem Fenster parkte.
Sie wollen gerne wiederkommen. Wir haben auch schon einen neuen Termin. Das ist übrigens auch etwas, was Corona gerade mit sich bringt. Wir haben alle leerere Terminkalender. Noch nie haben wir uns so schnell auf Termine einigen können, wie in dieser Zeit. In Zeiten in denen wir gut ausgebucht sind, müssen wir die Termine bereits am Anfang des Jahres festlegen. Sonst wird es mit spontanen Termine sehr schwer.
Danach ein längeres Gespräch mit der Chefin. Die war ja noch gar nicht informiert. Und das war nun eigentlich nicht mein Job. Es wäre der Job der zuständigen Stellen gewesen, von denen, die die Förderrichtlinie und die Konzeption gemacht haben, unsere Arbeitgeber vorab zu informieren. Die sich verständlicherweis übergangen fühlten. Klar, was will man den sonst als Arbeitgeber denken, wenn die Mitarbeiter*innen vorher informiert werden? Noch dazu über wesentliche Veränderungen in der Ausgestaltung der Tätigkeit.
Wissen Sie wir brennen für unseren Job. Als vor ein paar Jahren klar war, dass es dieses Projekt geben wird, haben viele von uns gesagt, „dass will ich machen.“ Und sich an potentielle Arbeitgeber gewandt. Initiativbewerbung nennt man das. Am Anfang stand eine Konzeption, eine Förderrichtlinie, weil aus Landesmitteln finanziert. Wir wurden damals aufgefordert die Weiterentwicklung Ko-Konstruktiv mitzugestalten. Wir haben es alle hingenommen, dass wir nur befristet Verträge haben. Alle zwei Jahr bangen, ob denn das Projekt weiter finanziert wird. Alle zwei Jahre eine neue Befristung unterschreiben. Wir haben viele Kröten schlucken müssen. Wir haben auch Erfolge gefeiert. 2019 wurde eine neue Förderrichtlinie diskutiert. Mit den Arbeitgebern. Danach wurde nachjustiert. Dann kam die neue Förderrichtlinie. Wir haben wieder ein paar Kröten geschluckt. Aber wir waren zuversichtlich. Dann kam Corona. Und für eine Weile stand das Land still, auch unser Job. Dann kamen erste Lockerungen, wir fingen wieder an, trafen uns virtuell. Dann das große Treffen. Virtuell. Wir wurden mit vielen Neuerungen konfrontiert. Und ja, ich weiß, dass Veränderungen erst einmal Widerstand auslösen. Doch diesmal möchten wir keine Kröten mehr schlucken. Vielleicht wird es meinen Job in zwei Jahren nicht mehr geben. Vielleicht aber können wir in zwei Jahren wieder neu verhandeln, über Förderrichtlinien. Vielleicht werden unsere Stellen gesetzlich verankert. Deshalb wollen wir gehört werden. Deshalb wollen wir an dem Prozess beteiligt werden. Weil auch wir einen Qualitätsanspruch an unsere Arbeit haben. Weil wir unsere Kunden qualitativ gut beraten und individuell begleiten möchten und kein Programm abarbeiten wollen. Nein, dass wollen wir nicht.
Aber vielleicht, vielleicht steckt hinter all dem die Not, die Not der Verantwortlichen, die dieses Projekt auf den Weg gebracht haben, den Politikern und Geldgebern in Zeiten von Corona und Schuldenbergen zu erklären, dass wir es wert sind. Dass wir da draußen gebraucht werden. Die Erfolge unserer Tätigkeit sprechen für sich. Und vielleicht müssen wir wieder einmal Kröten schlucken, weil sich nur über Standards, Dokumentation und Monitoring zeigen lässt, warum und wie wir in der Praxis erfolgreich sind und warum wir da draußen gebraucht werden. Denn wir sind noch immer eine freiwillige Leistung, die aus Landesmitteln finanziert wird. Und vielleicht stehen wir gerade auf einem Floß von dem noch keiner weiß, ob es sicher an Land ankommen wird. Solide genug wäre es, aber heftige Stürme können es schnell zum Kentern bringen.