Dienstag – Jedes Marmeladenbrot ist Reichtum
Der erste Weiterbildungstag. Da der Tag erst um 10 Uhr begann, fuhr ich zuvor noch zur Kartonagenfabrik Bücherkisten kaufen. Meine Rechnung: Gegen 8:15 Uhr losfahren, bis 9:00 Uhr beim Kartonshop sein, 9:10 Uhr einladen und wegfahren, 9:30 Uhr Ankunft Seminarzentrum. Zeit für eventuelle Parkplatzsuche. Notfalls parken auf dem Parkplatz vom FastFood-Restaurant.
Die Realität: 8:30 Uhr weggefahren, 8:45 Uhr – Kartonagenfabrik, 9:00 Uhr – Seminarzentrum. Parken auf einem der drei Parkplätze vor dem Haus. Es war ziemlich wenig Verkehr und so war ich dann eine Stunde zu früh dran. Der Seminarleiter, der dann etwas später eintraf, nahm mich dann mit rein und ich hatte einen schönen Platz auf dem Sofa. Es dauerte nicht lange und die anderen Teilnehmer*innen trudelten ein.
Ich sicherte mir einen Platz gleich neben der Terrassentür. Sie wissen schon wegen dem Luftdurchzug. Wir hatten die Woche über ja wirklich viel Glück mit dem Wetter. Daher viel draußen, die Terrassentür stand auch den ganzen Tag über auf, ohne dass es unangenehm wurde.
Ich lernte nicht nur, dass ich es gut in einem Raum mit Menschen mit Maske aushalten kann, sondern auch, dass Impfen nicht vor Covid schützt. Gut, das wusste ich schon vorher. Der Verlauf kann milder sein. Dennoch berichteten mir zuviele der Kolleg*innen von Ansteckung und Quarantäne. Bisher hatten Herr Mohnblume und ich das Glück uns nicht angesteckt zu haben. Klopfen wir auf Holz damit es so bleibt.
Ich lernte auch, wie sehr ich den Kontakt zu den Menschen vermisste. Es war sehr schön, die Kolleg*innen alle wieder zu sehen. Zu hören, wie es ihnen ging. Wie sehr uns die gleichen Themen beschäftigen. Erstaunlich auch, wie schnell wir wieder in einem guten Kontakt waren.
Die Ukraine-Krise natürlich. Die Sorgen, die dabei mitschwingen und gleichzeitig zu wissen, dass Menschen kein Dach über dem Kopf mehr haben, alles verloren haben und wir hier im Luxus leben. Denn „Jedes Marmeladenbrot ist Reichtum“.
Zitat des Tages: „Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt untergeht, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.“ Vielleicht von Luther – vielleicht auch nicht.
An diesem Tag lernten die Beziehungen in der Triangulation kennen. Am Nachmittag lernte wir ein Assoziationsspiel kennen. Ich habe es mir gleich mal für meine Workshops zum Thema „Sprachliche Bildung“ vorgemerkt. Es gibt drei Stühle. In der Mitte sitzt der Spielleiter, er sagt ein Wort. Zwei Personen denen Assoziationen dazu einfallen, setzten sich neben ihn. Sie sagen ihr Wort. Der Spielleiter entscheidet sich für eines, dass ihm besser gefällt. Derjenige mit dem Wort, das gefallen hat, darf aufstehen, das Wort das auch gefallen hat, aber nicht genommen wurde rückt auf den Stuhl in der Mitte, wiederholt sein Wort und es werden wieder zwei Assoziationen dazu gesucht, genannt. Mir fiel bei diesem Spiel sofort das Thema „Wortschatzerweiterung“ ein.
Mittwoch – In der Ruhe liegt die Kraft
Der Tag begann mit Faszienübungen und QiGong-Übungen im Stehen. Lernten die Übungen „Rising Sun and Falling Moon“ sowie „Rising Moon and Falling Sun“ und „Open the door“ kennen. Dehnten und nach hinten, nach vorne. Atmeten ein und aus. Empfohlen wurde uns das Video einer Chinesin, welches allein schon durchs anschauen viel Stress nimmt. Qigong Full 20-Minute Daily Routine. Jetzt stellen Sie sich bitte 16 Menschen vor, die jeden Morgen im Kreis draußen stehen, die Einatmen und Ausatmen, die Becken drehen und Arme wie Beine Schlenkern lassen, auf Ferse und Ballen wippen.
Es ging natürlich wieder um Triangulationen. Lernten von einem Fallbeispiel. Lernten zu Fragen. Lernten, dass in Beratungen Menschen kommen, die die eigenen ungelösten Themen ansprechen. Der Seminarleiter sprach von „Triggerpunkten“. Beschäftigten uns mit unseren Glaubenssätzen und wie wir mit diesen umgehen können. Wir lernten also Glaubenssätze umzuwandeln.
Am Abend auf dem Nachhauseweg wurde mal wieder bestätigt, dass nur das Tragen einer Maske vor einer Ansteckung schützt. BR2 hatte unter „Lockerungen zu früh? Warum Masken weiter sinnvoll sind“ einen Beitrag gesendet.
Donnerstag – Alberne Spiele
Abgesoffen – Wir lernten viel über Triangulation. Am Vormittag schickt uns der Seminarleiter in eine Übung. Wir sollen üben die Berater*innen auf unsere Seite zu ziehen beziehungsweise als Berater*in in der Allparteilichkeit zu bleiben. Der Seminarleiter gibt uns noch mit auf den Weg nicht gleich die Schwarze Piste zu fahren, sondern mit dem Anfängerhügel anzufangen. Die Hoffnung ich könnte mich wie immer auf die Beobachterrolle zurückziehen ging nicht auf. Ich wurde mitten rein ins kalte Wasser geworfen und war die Beraterin. Als Beraterin hatte ich ein Paar zu beraten, dass über „Er tut zu wenig und will dann seine Ruhe haben, wenn er heimkommt, während sie mit den drei Kindern versucht den Tag irgendwie hinzukriegen“. Die beiden waren gut. Die Beraterin soff ab. Wir unterbrachen viel. Ich war blockiert. Mir fiel keine einzige Frage ein. Hörte gespannt dem Streit zu. Ich kam mir vor wie ein „Vollpfosten“*. Wir unterbrachen für einen längeren Zeitraum. Gingen auf die Metaebene. Starteten neu. Sie erzählten wieder. Irgendwann stellte ich die Frage an die beiden, was mir wohl der älteste Sohn erzählen würde. Sie wurden ruhig. Sie erzählten. Ich hörte zu. Man nennt dies auch „ein gemeinsames Interesse schaffen“. Fasste zusammen. Bildete Hypothesen. Fragte sie, wo es am meisten brennt, mit welchem Thema wir beginnen wollen. Dann war Schluss.
*Da schlugen die Selbszweifel denn auch noch zu. Damit war die Blockade perfekt.
Vom Vollpfosten zur Ruhenden Beraterin
Die Beobachterin guckte mich an, war völlig überwältigt. Das war richtig gut, sagte sie. „Du hast so eine Ruhe ausgestrahlt, das hat sich total übertragen. Die haben aufgehört zu reden, sich gegenseitig zugehört.“ Auch das Paar erzählte, dass sie durch meine Ruhe ruhig wurden. Sie hatten das Gefühl, da sitzt wer, der hat einen Plan im Kopf, weiß was er macht, sortiert die Themen für sie, überlässt aber doch ihnen die Entscheidung, an was sier zuerst arbeiten wollen. Das fanden sie gut. Ich auch.
Später im Seminarraum, erzählten wir, wie es uns ging. Was passiert war. Der Seminarleiter fragte nach Körpersignalen. Es folgte langes Schweigen. Ich meldete mich, sagte „Ich war völlig blockiert. Die totale Blockade. Wir konnten erst nach mehreren Unterbrechungen weiter machen.“ Er sagte, das war eine ziemlich wichtige Erfahrung. Klärte dann auf. Erzählte, dass er dann auch gerne mal sagt, wir machen hier mal einen Stopp. Er ginge dann auch mal raus, um sich zu sortieren. Es tat gut, zu hören, dass Blockaden normal sind, dass es wichtige Körpersignale sind, die Blockade haben auch die zu Beratenden. Bei Blockaden kann auch die Columbo-Technit angewendet werden. Sie wissen schon, der der immer sagte „Eine Frage hätte ich noch, Sir“. Hier ging es darum, zu sagen „Oh, warten Sie mal. Halt, halt, halt. Stop!“
Flucht
Danach war Mittagspause. Ich flüchtete. Fuhr die Kleiderkisten, die ich eigentlich erst abends zum Kleiderladen bringen wollte, weg. Fuhr dann noch zum Haus. Das Seminarzentrum und das Haus sind gerade mal 10 Minuten Fahrweg auseinander. Dort traf ich den geschiedenen Mann der Tante. Was für ein Zufall. Eigentlich wäre ich ja erst am Abend hingefahren. So lernten wir uns kennen und dann musste ich ihm auch gleich die Todesnachricht bringen.
Er erzählte, dass sie sich erst seit Herbst letzten Jahres wieder gesehen hätten. Heute war er zufällig in Nürnberg, dachte er guckt mal. Er erzählte noch ein wenig. Gab mir seine Daten, um im losen Kontakt bleiben zu können. Dann fuhr er wieder. Ich nahm noch die Post aus dem Briefkasten – vereinzelt kommt noch Werbepost. Obwohl schon lange abbestellt. Besonders eine Firma, will es einfach nicht wahrhaben. Stopfte noch den Gartenmüll in die Tonne und fuhr zum Seminar zurück.
In der Kaffeeküche
In der Kaffeeküche sprach mich eine Kollegin an. Sie meinte, es war super, dass ich mich getraut hatte, zu sagen, dass ich abgesoffen bin. Es stellte sich heraus,dass ich nicht die einzige war, wohl aber diejenige, die den Mund aufgemacht hatte. Mir tat es gut, zu hören, dass da noch andere waren, die „blockiert“ waren.
Nach der Mittagspause gab es dann „alberne Spiele“. Laufen sie mal jemanden klagend hinterher, der von ihnen nichts wissen möchte. Der Clou: Sie haben die Zunge während des Redens an die Innenseite der Unterlippe gepresst.Das Spiel war mit viel Gelächter begleitet.
Freitag – Hurra, Hurra die Schule brennt
Wie immer begann der Tag mit Qigong und Dehnübungen. Danach lernten wir etwas über klagende Beziehungen. Besprachen, wie wir als Berater*innen damit umgehen können, übten zu klagen und „damit umzugehen“, indem wir Fragen stellten, Konsequenzen besprachen, Ressourcen fanden, professionelle Beziehungsangebote machten. Es war der letzte Tag dieser Weiterbildungswoche und so war auch Zeit einiges an Organisatorischem zu besprechen.
Samstag – Plaudereien
Das Wetter super schön. MonAmour und ich beschlossen bereits am Vormittag zum Haus zu fahren und erst einmal spazieren zu gehen. Wir wollten diesmal vom Haus aus nach Buch laufen. In Buch angekommen gingen wir bei einer Bekannten vorbei, die gerade mit einer anderen Bekannten im Garten saß und die Sonne sowie Sekt genossen. Wir hatten beide schon länger nicht mehr gesehen und blieben hängen. Erst am Nachmittag spazierten wir wieder zurück zum Haus. Dort angekommen, registrierte ich Bücher und packte sie in Kisten. Da es sehr viele Bücher sind. Unterbrachen wir die Arbeit am Abend, um sie am nächsten Tag fortzusetzen.
Sonntag – Bücher, Bücher
Den Sonntagvormittag verbrachten ich mit Anzeigen aufgeben und Wäsche waschen. Am Nachmittag machten wir uns auf zum Haus, weitere Bücherkisten packen. Diesmal machten wir nicht eher Schluss bis wirklich jedes Buch in einem Karton verschwunden war. Darunter auch einige Bildbände von fernen Ländern. Die Bücherkisten stehen jetzt erst einmal hier und warten auf Weitergabe.
Montag – Geburtstagstorte
Besuchstag. Die kleine Schwiegerschwester hat Geburtstag. Der Pfarrer, der für die Gemeindearbeit zuständig ist und Besuchsdienste im Heim übernimmt, hatte sich mit mir verabredet. Gemeinsam gingen wir mit der kleinen Schwiegerschwester ins Cafè. Es war das erste Mal, dass ich mich mit der Schwiegerschwester außerhalb des Heims traf und war sehr froh, dass der Pfarrer mit dabei war. Es war im übrigen auch das erste Mal, dass ich wieder einmal in einem Cafè saß. Das Wetter war ja wunderbar, so dass wir draußen sitzen konnten. Das kam uns allen entgegen. Am Tisch zeigten wir alle brav unsere Impfzertifikate und Ausweise vor.
Die Stunde ging wie im Flug vorbei. Ich lernte, das ein großer Latte Macciato auch wirklich ein großer Latte Macciato ist. Der kleine hätte denn auch gereicht. Ja, ja Bilder – ich weiß schon – vergesse ich immer wieder. Stellen Sie sich bitte eine 0,5 Liter Glas mit Latte Macciato vor. Gefühlt sah es ehr nach einem Liter aus.
Danach, weil ich noch Sachen für die Schwiegerschwester dabei hatte, begleitete ich die Schwiegerschwester noch nach oben in ihr Zimmer. Übergab ihr die Kleidung beziehungsweise der Schwester, da noch der Name in die Kleidung geklebt werden muss. Endlich weiß ich auch die richtige Kleidergröße. Ich hatte mir beim letzten Besuch schon gedacht, dass es mindestens eine Nummer Größer sein muss, als mir genannt wurde. Die Pflegeschwester bestätigte es mir denn auch und ich war froh, dass die Kleidung von der Größe her passen. Nach der Übergabe verabschiedete ich mich von ihr, mit dem Versprechen die Vorlesebücher das nächste Mal mitzubringen, die jetzt noch in einer der Kisten liegen.
Auf der Rückfahrt fing ich noch unser Abendessen ein. Da wir am Wochenend große Lust auf Gegrilltes entwickelt hatten, gab es zum Abend Gegrilltes und einen Bericht vom Tag.
Alles in allem war es eine sehr intensive Woche, die noch eine Weile wirken wird.