03.01.2021 – Ruhige Tage
Hier passiert zurzeit nichts. Wir gehen alles sehr ruhig an. Selbst MonAmour hat sich mal für ein paar Tage eine Ruhepause gegönnt.
Von Samstag bis Sonntag
Über Weihnachten hatten wir ein großes Paket zur Post gebracht. Ich hoffe wir haben damit jemanden wirklich ein Freude machen können. Allerdings klaffte auf dem Schreibtisch plötzlich eine Lücke. So ein Monitor war im Jahr 1998 schon ein Monstrum. MonAmour war dann also mit Schreibtisch aufräumen und neusortieren beschäftigt. Ich dagegen nutzte die Zeit, um erst ein wenig Haushaltskram zu machen und später meine Postfächer aufzuräumen. Ich hatte da noch Mails von 2014 rumliegen.
Zwischen Optimismus und Widerstand
Beim Aufäumen der Postfächer fallen mir Mails von März bis Oktober 2020 auf. Es handelte sich dabei oft um die Frage, wie geht es jetzt weiter. Wie gehen wir als Trainerinnen mit Corona um? Mitte März war das ja noch ziemlich einfach. Als Schulen und Kitas geschlossen wurden. Danach nicht mehr so. In der Reflektion musste ich erkennen, dass meine Texte zwar optimistisch geschrieben waren, ich jedoch zwischen den Zeilen schrie „Ich will da nicht raus. Lasst mich zuhause.“ Dementsprechend verlief dann auch für mich das restliche Jahr. Jetzt überlege ich tatsächlich zu pausieren. Es wäre jedenfalls ehrlicher, als wieder zwischen Optimismus („Ich krieg das schon hin, ich bin mutig, nein ich habe keine Sorge mich anzustecken“) und dem Widerstand („Ich will da nicht raus. Ich habe Angst mich anzustecken“) zu schwanken und mich als Beraterin selbst auszubremsen. Sowie jeden abgesagten Termin als Willkommensgeschenk zu feiern. Das tut weder mir noch den Menschen in den Kinderinseln gut und auch der Kollegalität gegenüber den Kolleginnen nicht.
Wenn richtig ehrlich zu mir selbst bin, dann täte es mir gut, eine Art Sabbatjahr einzulegen und erst nächstes Jahr wieder einzusteigen. Ganz abgesehen davon, dass ich nicht weiß, wie sich die Freiberuflichkeit und die Arbeitsagentur so vertragen. Gehe ich ja doch Gefahr, dass mir das wenige Arbeitslosengeld dann auch noch gekürzt wird, wenn ich über einen bestimmten Freibetrag komme.
Süßkram-Gier
Gen Abend überfiel uns dann so eine „wir-brauchen-unbedingt-Süßkram-Gier“. Diese trieb uns zum Einkaufstempel vor der Haustür. Auffällig: sehr ruhig auf der Hauptstraße, kaum Verkehr, fast keine Menschen im Supermarkt. Der große Ansturm war wohl schon vorüber oder die Menschen befinden sich gerade alle im Harz und Bayerischen Wald. Ich bekam sogar noch eine Wochenendzeitung. Zum Abendessen was aus der Tiefkühltruhe. Was schnelles.
Sonntag
Frühmorgens lag Schnee auf Straßen, Wegen und Häusern. Der engagierte Winterdienst von gegenüber kam daher auch angeknattert mit gelben Blinklichtern, um den Gehweg freizuräumen. Sein blinkendes Gefährt stellte er direkt vor dem Schlafzimmerfenster ab. Morgens um 6:00 gibt es lustigere Dinge als Winterdienst, schlafen zum Beispiel. Außer ihm hatte noch keiner der Nachbarn bemerkt, dass es geschneit hatte.
Als es dann Zeit war aufzustehen, also so gegen 10 Uhr, konnte man bereits erahnen, dass der Schnee schmelzen wird. Im Laufe des Tages hat er sich dann auch verflüchtigt.
Spazierengehen
Nach dem vielen Autowandern war es mal wieder Zeit zu Fuß zu gehen. Am Nachmittag trieb es uns dann also vor die Tür. Rechts rum Richtung Hafen. Wir laufen durch die Straßen unseres Ortes, stellen fest, dass kleine Häuser großen Häusern gewichen sind. Wir waren wohl schon länger nicht mehr in diesen Straßen unterwegs. Gegen den Wohnungsbau auf der Rennbahn regt sich Widerstand.
Ein Wirtshauswerbeschild mutet seltsam an in dieser Zeit. Vor langer Zeit dort angebracht, steht es nun da, so wie es ist. Vereinzelt konnten wir am Boden anhand der Glitzerkonfetti entdecken, dass einige Feste feierten. Der übliche Müll, den Silvester sonst so mit sich bringt, konnte nicht entdeckt werden.
Die grauen Wolken sind voller Wasser, welches sich als herabschwebender Nebel über uns verteilt. Mütze und Jacke sind feucht. Wir gehen durch den Eibacher Forst Richtung Kanal. Und kommen fast direkt an der Schleuse raus. Wir hören den Schleusenwärter, sehen können wir ihn nicht. Die Schleuse wird gerade geflutet. Am Kanal entlang laufen wir zurück Richtung Zuhause. Unterwegs ein Schiff, welches uns entgegenkommt und mächtig blendet. Minutenlang sind wir in gleißendes Licht getaucht. An der Seite schimmert es blau. Es steuert auf die Schleuse zu, von der wie gerade kommen.
Zuhause stellen wir fest, dass wir zweieinhalb Stunden unterwegs waren und 10 Kilometer gelaufen sind.
Ein ganz besonderer Zauber
Im Fernsehen läuft ein Magazin mit einer roten Couch. Ein Paar erzählt von ihrem Experiment ein Jahr lang im Auto zu leben. Gelebter Minimalismus. Gelebtes mobiles Arbeiten. Sie erzählen, dass sie auch viel Zeit in Bibliotheken verbracht haben, um dort zu Arbeiten. Ich schmunzel. Sitze nickend auf meiner Couch und rufe „Ja, so ist das!“
Hatte ich doch unterwegs auch oft mein Arbeitslager in Bibliotheken aufgeschlagen. Da darf man einfach sein, sitzen und arbeiten. Man muss nichts kaufen. Es ist trocken, warm und Toiletten gibt es auch.
Bibliotheken, haben so ihren ganz eigenen Zauber auf mich und ich erlebe plötzlich zwei Menschen, denen es ähnlich geht. Damit sind wir schon zu viert. (Ich bin mir sicher es gibt noch viele andere Menschen, denen es auch so geht. Persönlich getroffen habe ich bisher nur einen, von dem ich das weiß.) Bisher bin ich nur einem Menschen begegnet auf den Bibliotheken einen ähnlichen Zauber hatten. Diesen Satz, den er in einem Forschungsinterview sagte, werde ich nie vergessen. Hatte ich doch genau das gleiche gedacht, als ich zum ersten Mal die Bibliothek der FH in meiner Stadt betrat: „Und das darf ich alles lesen“. Natürlich habe ich nicht alle Bücher gelesen, aber allein das Gefühl, ich darf hier zwischen den Büchern sein und arbeiten, die Möglichkeit zu haben, jedes Buch nehmen und lesen zu dürfen. Allein das hat mir schon zum Glücklich sein gereicht. Im übrigen geht es mir in jeder Bibliothek so. Ich mag es dort zu sitzen, zu arbeiten, durch die Gänge zu streifen, mir die Bücher anzuschauen, das eine oder andere in die Hand zu nehmen, durch zu blättern und bei gefallen auszuleihen.